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Wohin der Mensch gehört. Roman von Walter Kaufmann
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Preis E-Book:
8.99 €
Veröffentl.:
29.12.2013
ISBN:
978-3-86394-561-9 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 403 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Action und Abenteuer, Belletristik/Biografisch, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Geschichte, Belletristik/Jüdisch, Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Politik, Belletristik/Verbrechen
Abenteuerromane, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Kriegsromane, Biografischer Roman, Kriminalromane und Mystery, Familienleben, Bezug zu Juden und jüdischen Gruppen
Jude, Australien, Holocaus, Flucht, Gewerkschaft, Solidarität, Faschismus
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Die Tür wurde geöffnet, und ein schlanker Mensch mit einem schmalen Gesicht erschien. Er war gelaufen, und es dauerte einige Augenblicke, ehe er wieder zu Atem kam. Als er an den Tisch trat, in den Lichtkreis der Lampe, erkannte ihn Stefan sogleich: helle blaue Augen, dünnlippiger Mund, strähniges Haar - der Arbeiter, der in Bollers Boxzelt mit Hummel gekämpft hatte.

Bredels hatten zu essen aufgehört und sahen Hein in ahnungsvoller Stille an. Der Mann fuhr sich mit der Hand über die Stirn und die gebrochene Nase und sagte nur ein Wort: „Gerhart!“

Vater Bredel atmete tief.

„Wann?“, fragte er.

„Vor einer halben Stunde.“

„Gestapo?“

Hein sah sich um, auf Stefan blieben seine scharfen blauen Augen haften. „Ja“, sagte er leise.

„Mein Gott!“, sagte Georgs Mutter und ballte heftig die mageren Hände zu Fäusten, dass die Knöchel sich weiß abzeichneten. „Und Hilde?“

Hein schüttelte den Kopf. „Hilde nicht“, sagte er, „Hilde ist in Sicherheit.“

Erst da begriff Stefan, von welchem Gerhart Hein gesprochen hatte. Bilder drängten sich vor seine Augen: eine Zelle, eine Peitsche, die Narbe Gerharts hinter dem Ohr, ein Stiefel, Gerharts schmerzverzerrter Mund ... „Nicht was einer ist, sondern was einer tut, ist wichtig ...“

Vater Bredel war aufgestanden. Stefan beobachtete ihn wie im Dämmerschlaf.

„Bitte, steh einen Augenblick auf!“

Mechanisch erhob sich Stefan. Eine Tasse fiel um; ihr Inhalt tropfte auf den Boden, niemand achtete darauf. Vater Bredel wühlte unter dem Sitz, ging an den Herd, hob ein paar Ringe ab und warf irgendwelche Papiere ins Feuer. Nachdenklich hielt er die Thälmannbüste in der Hand, an der er geschnitzt hatte. Er sah seine Frau an, sie nickte. Eine Flamme schoss aus dem Herd, als das Papier Feuer fing. Er schob die Ringe wieder darüber, kaute an den Lippen, hustete.

„Ich muss fort, Mutter“, sagte er.

„Ja, das musst du wohl.“

Er setzte die Mütze auf, „Ängstige dich nicht, Mutter. Zwei, drei Tage vielleicht. Du weißt, wo ich zu finden bin.“

„Und ich, Vater?“

„Du bleibst bei Mutter.“

Vater Bredel, gebeugt und knotig wie ein Baum, sah plötzlich merkwürdig jung aus, als er seiner Frau das Haar aus der Stirn strich und ihr leise zusprach.

„Kopf hoch, Mutter, ängstige dich nicht.“

„Komm jetzt“, sagte Hein.

Mit zitternden Händen tat Frau Bredel die übrigen Kartoffelpuffer in eine Tüte.

„Steck das in die Tasche, Vater!“

Die Tür klappte. Bald verklangen die Schritte Heins und Hermann Bredels in der Nacht.

 

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