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Im Schloss zu Mecklenburg und anderswo von Walter Kaufmann
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Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
16.12.2013
ISBN:
978-3-86394-573-2 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 187 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Action und Abenteuer, Belletristik/Geschichten vom Meer, Belletristik/Kurzgeschichten, Belletristik/Politik, Belletristik/Liebesroman/Geschichte/20. Jahrhundert
Abenteuerromane, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Belletristik: Erzählungen, Kurzgeschichten, Short Stories, Kriegsromane, Biografischer Roman, Familienleben
Kuba, Brasilien, Seefahrt, Rassendiskriminierung, DDR, Gewerkschaft, Solidarität, Duisburg
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Regen in Rio

Rio de Janeiro, Brasilien
November 1992

Draußen fließt der Regen von den Sonnenschirmen über die Tische vor dem Restaurant, klatscht windgepeitscht aufs Pflaster, rauscht in die Gossen. Schon als das Wetter umschlug, hatte ich gespürt, dies würde keiner von den warmen Regen werden, jenen schnell wieder endenden Tropengüssen, wie ich sie vor Jahren in Rio erlebt hatte.

Der Dauerregen hatte die Straßenhändler mit ihren Lederwaren, Heiligenbildern, Puppen, Masken unter die Markisen der Läden getrieben, hatte die Bettler von den Straßen geschwemmt. Obdachlose, die anfangs unter den Palmen am Strand Schutz gesucht hatten, sehe ich mit durchnässten Lumpen die Häuserwände entlangstreichen, ankämpfend gegen den Wind, der den Regen schräg vom Meer über die Autos fegt, die mit zischenden Reifen, Wasser sprühend, die Avenida Atlantico entlangrasen.

Ein Junge in Fetzen, die ihm nass auf Brust, Schultern und an den Beinen kleben, huscht barfüßig über den Mittelstreifen und zwischen den Autos hindurch zum Gehsteig. Augenblicke später presst er das blasse Gesicht an das Fenster des Restaurants, in dem ich Zuflucht gesucht habe. Er hält fünf Fingerspitzen an die Lippen. Seine dunklen Augen flehen und blicken dann stumpf, als drinnen der Kellner sich dem Fenster nähert. Er weicht zurück in den Regen. Bald aber zeigt er sich mit der gleichen Geste wieder, wortlos flehend, und verschwindet erst, als der Kellner ihm droht.

Ich verliere ihn aus den Augen, glaube, dass er fort ist und sehe plötzlich, wie sich ein langstieliger Löffel durch den Spalt der nur angelehnten Restauranttür schiebt. Von unsichtbarer Hand bewegt, schlägt der Löffel so lange scheppernd auf den Boden, bis der Kellner sich erbarmt, von einem Teller, den er gerade abgeräumt hat, eine Kartoffel nimmt und sie in den Löffel tut. Sofort verschwindet der Löffel nach draußen. Der Kellner schließt heftig die Tür, aber das Rauschen des Regens ist noch immer zu hören.

 

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