Home
eBook-Shop (nur Verlagstitel)
Links
Warenkorb
Es würde Tage dauern, bis dieser rötlich gefärbte Sternenstaub sich in den Tiefen des Kosmos verlor. Die Beschwörung der Lorks hatte sie bereits enorme Lebenskraft gekostet und nun einen erneuten Zauber auf den Weg zu schicken, um den Drak zu Fall zu bringen, beunruhigte sie etwas. Sie brauchte genauso dringend einen Verjüngungszauber wie ihre Schwestern. Wenn dies vorüber ist, brauche ich dringend ein Bad der Verjüngung. Moment einmal, wenn ich den Drak töte, dann nehme ich ein Bad in seinem Blute! Endlich erreiche ich dann die Unsterblichkeit! Niemand wird mich mehr für eine gewöhnliche Zauberin halten! Zurudwu, die Mächtige oder Zurudwu, die Listige, werden sie mich dann nennen!
Dieser Gedanke beflügelte sie und sogleich trabte sie in ihr Gemach auf eine schwarze Holztruhe zu. In ihr befand sich ihr wertvollster Besitz, ein zerfleddertes Buch über Magie und Zauberei. Sie blätterte übereifrig darin herum, fand trotzdem keinen geeigneten Reim, der den Drak zu Fall bringen konnte. Sie musste sich etwas anderes überlegen, legte sich geräuschvoll aufs Bett und schloss die Augen. Mererim, Mererim! Du mächtiger Herrscher der Lüfte! Komm zu mir! Ich befehle es dir! Spüre mit deiner großen Luftschar den Drak, der einst unter meinem Banne stand, und nun vom jungen Zauberer Gwion befehligt wird, auf! Nimm ihm seine Kraft und lass ihn in deinen Winden vergehen. Lass ihn taumeln und fallen, töte ihn mit deiner Schar!
Es geschah nichts. Mererim zeigte sich ihr nicht. Zurudwu murmelte immer und immer wieder die Beschwörungsformel. Kein Lüftchen zeigte sich ihr, erbost über diesen missglückten Zauber stand Zurudwu auf und schritt eilig in ihrem Gemach auf und ab! Ihre Gedanken überschlugen sich förmlich: Was habe ich nur verkehrt gemacht? Wieso klappt es denn nicht? Ob Mererim von anderen Mächten befehligt wird oder ob er eine andere Mission verfolgt?
Eine schnelle Antwort war nicht zu erzwingen und Zurudwu warf sich wieder geräuschvoll in ihr Bett. Sie starrte an ihren Betthimmel und schaute durch das gläserne Gewölbe hinaus. Die Sterne leuchteten mal heller, mal dunkler, trotzdem erkannte Zurudwu keinen Rhythmus. Sie funkeln wie es ihnen beliebt, ohne es von jemandem vorgegeben zu bekommen. Mererim und seine Heerscharen folgten sonst den gesprochenen Worten meiner Schwester Heredwu. Vielleicht war das der Grund, wieso er sich mir nicht zeigte?
Sie hatte eine Idee. Es musste ein anderes Wesen her, worüber nur sie bestimmen konnte. Eilig sprang sie vom Bett und kramte in ihrer schwarzen Truhe nach einem brauchbaren Buch herum. Achtlos ließ sie die Bücher neben sich fallen, ohne auch nur ein einziges durchzublättern. Sie las die Buchrücken: Zauberhafte Geschichten über Wesen der Sieben Himmel, was für ein Blödsinn!, Wesen der Sieben Himmel!, Moment einmal, da könnte etwas Brauchbares drinstehen, wen ich für meine Zwecke bannen kann. Es ist doch scheußlich, sich immer wieder etwas Neues auszudenken. Viel zu Kräfte zehrend, das muss auch anders gehen.
Zurudwu fand in dem Buch eine Geschichte über einen uralten Berggeist, der die Stimmen anderer nachahmen konnte. Er schlich durch die Gegend und suchte sich seine Opfer meist unter den Menschen aus. Sie waren dumm und einfältig, da hatte er leichtes Spiel. Ich glaube, das wird klappen. Gwion ist auf den ersten Blick ein menschliches Wesen und wirkt schwachsinnig genug. Der Berggeist wird den Unterschied nicht merken, hoffe ich jedenfalls.
Zurudwu klatschte entschlossen in die Hände, rieb sich ihre Handflächen und murmelte: Wang-Liang! Wang-Liang, komm herbei. Schnell geschwind, ich stelle dich in meine Dienste! Jetzt!
Eine dunkle Gestalt tauchte in ihrem Gemach auf. Es hatte schwarzes, zotteliges Haar und reichte bis auf den Schiffsboden. Sein Gesicht war vollkommen entstellt. Ein Männlein mit einer runzeligen, knuppligen Nase, mit einem schmalen Mund und großen, mattschwarzen Augen blickte sie fragend an.