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Wer will schon nach Meck-Pomm?  Autobiografischer Roman von Ulrich Hinse
Autor:
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Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
22.09.2013
ISBN:
978-3-86394-348-6 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 306 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Biografisch, Belletristik/Action und Abenteuer, Belletristik/Politik
Abenteuerromane, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Biografischer Roman
Ossi, Wessi, Landeskriminalamt, Pinnow, Mecklenburg-Vorpommern, Innenministerium, Staatsschutz
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Bei einem Besuch in Münster hatten Karin und ich meine Mutter gebeten, wegen der immer häufiger auftretenden Beschwerden ihre Wohnung aufzugeben und sich in die Sicherheit eines Seniorenheims zu begeben. Entrüstet wurde das abgelehnt. In ein Altersheim lasse sie sich nicht abschieben. Da kämen nur Alte und Gebrechliche hinein. Sie gehöre nicht dazu. Stattdessen erklärte sie uns ihr mit der Nachbarin ausgeklügeltes Sicherheitssystem. Wir zeigten uns beeindruckt, auch wenngleich es uns nicht überzeugte. Die augenscheinlichen Mängel dieses Systems blieben unberücksichtigt. Was war, wenn sie nicht mehr in der Lage sein sollte, die Gardine zu bewegen und welche Alternativen bestanden bei Abwesenheit der Nachbarin, wollte ich wissen. Schließlich war die Nachbarin ja auch schon im Seniorenalter.

„Nein mein Junge, so alt ist sie nun wirklich nicht, erst Zweiundsiebzig. Das wird schon funktionieren", ignorierte sie die Einwände. „Außerdem kannst du ja wieder nach Münster ziehen und dich endlich einmal intensiver um deine Mutter kümmern, als bisher. Andere Söhne können das ja schließlich auch. Nimm dir ein Beispiel an Franz, dem Sohn von Frau Pieper, die mit mir Ende des Krieges zusammen im Luftamt Dienst gemacht hat und mit dem du zusammen in den Kindergarten gegangen bist. Der Franz ist von Osnabrück wieder nach Münster gezogen und hat eine Wohnung direkt neben seiner Mutter gemietet. Der fährt jetzt jeden Tag mit der Bahn nach Osnabrück zur Arbeit. Das kannst du doch wohl auch".

„Nein, das kann ich nicht", gab ich zu verstehen. „Von Osnabrück nach Münster sind nur fünfzig Kilometer. Von Schwerin nach Münster sind es vierhundert."

„Ach was, was der Sohn von Frau Pieper kann, kannst du auch", blieb sie standhaft.

„Ich wüsste nicht, warum ich mir an diesem Franz Pieper ein Beispiel nehmen sollte. Ich kann mich weder an Franz Pieper, noch an dessen Mutter erinnern. Meine Kindergartenzeit ist schon fünfzig Jahre vorbei."

„Mit deinem Gedächtnis lässt es nach", musste ich mir anhören. „Wo führt das bloß noch hin."

Karin saß herausfordernd grinsend im Sessel, nickte zustimmend und nippte am Kaffee.

„Habe ich das nicht auch schon gesagt?", kommentierte sie deutlich amüsiert Mutters Feststellung.

Ich ignorierte die, wie ich meinte, gehässigen Anspielungen auf mein Gedächtnis und bot meiner Mutter als Alternative an, für sie eine Wohnung in Schwerin oder Umgebung zu suchen. Damit sei sie zum einen in der Nähe des geliebten Sohnes und gebe diesem zum anderen die Möglichkeit, kurzfristig nach dem Rechten zu sehen, wenn es erforderlich sei.

„Nein, ein Umzug kommt in meinem hohen Alter nicht mehr infrage", wurde mir beschieden. „Einen alten Baum verpflanzt man nicht. Ich bin einmal mit Papa nach Frankenberg gezogen. Da habe ich mich nicht wohl gefühlt. Da kannte ich niemanden. Alle unsere Freunde und Verwandten leben in Münster. Da will ich bleiben. Und in die Sowjetzone gehe ich schon gar nicht. Überlege es dir lieber noch einmal, ob es nicht besser ist, wieder von drüben zurück nach Münster zu ziehen".

Ich lehnte ab.

„Ich kann nicht einfach meine Arbeit aufgeben. Bis zu meiner Pensionierung und Karins Rente sind es noch einige Jahre. Es gibt nur die Lösung, entweder in ein Seniorenheim in Münster oder in eine Wohnung oder ein Seniorenheim in Schwerin umzuziehen."

„Dazu sehe ich keinen Grund", setzte sie sich trotzig zur Wehr und suchte nach neuen Argumenten. „Ich bleibe in Münster. Allein schon wegen Papas Grab. Das muss ich pflegen. Du kümmerst dich ja nicht darum. Außerdem sind alle meine Freunde hier. In Schwerin habe ich keine Freunde und Bekannte. Wenn du nicht nach Münster ziehen willst, dann werde ich mich eben an Marietres oder Heidi halten."

 

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