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In der Nacht zum 23. Mai tobte in den Bergen der Maragateria rund um Rabanal ein schweres Gewitter. Ich hatte in meinem Hostal ein Dachzimmer mit schrägem Fenster. Als ich durch das Krachen und den platschenden Regen wach wurde, befürchtete ich, die Hagelkörner könnten die Scheibe zerschlagen. Aber es ging gut. Am Morgen regnete es nicht mehr und frohen Mutes begann ich mit dem Aufstieg zum Cruz de Ferro. Der Anstieg von acht Kilometern wurde von mir auf Grund von Ratschlägen österreichischer Alpenwanderer langsam und mit kleinen Schritten begonnen. Als ich allerdings eine neue Regenfront von Astorga in Richtung meiner Wanderstrecke ziehen sah, wurde mein Schritt deutlich schneller. So schnell bin ich noch nie einen Berg hinaufgelaufen. Und trotzdem hatte es nicht gereicht. Gut fünfhundert Meter vor Foncebadon, ich sah die Häuser schon vor mir, wurde ich geduscht. So schnell konnte ich meinen Regenponcho gar nicht aus seiner Verpackung ziehen, wie das Wasser vom Himmel kam. Unterstellmöglichkeiten gab es nicht. Ich stand mitten auf der Straße. Grinsend fuhren einige spanische Bauarbeiter in ihren Fahrzeugen an mir vorbei. Sie hatten schon den einen oder anderen Pilger eingeladen und keinen Platz mehr für mich. So stand ich bedröppelt im rauschenden Regen und vergaß in der Hektik, bei dem Poncho das Schutzfach für den Rucksack aufzuziehen. Also, wieder runter mit dem Regenschutz, Rucksackfach öffnen und alles noch mal von vorn. Zur schweißnassen Kleidung kam jetzt auch noch die Regennässe. Endlich war die Dusche vorbei. Die anderen gingen mit trockenen Sachen, ich mit nassen in der Hoffnung, der starke Wind möge sie trocknen. Tat er aber nicht, denn es zog dichter Nebel auf. Um ein Haar hätte ich so auch noch das Cruz de Ferro verpasst. Unvermittelt tauchte das kleine eiserne Kreuz auf dem langen Baumstamm aus dem dichten Nebel auf. Oben auf dem Steinhaufen direkt am Kreuz sah ich Marianne, wie sie ihre Mitbringsel sehr würdig ablegte, einen Moment verharrte und dann auf der anderen Seite im Nebel verschwand. Ich musste einen Moment warten, weil eine Gruppe italienischer Radpilger ihre Erinnerungsfotos machen wollten. Dann kam ich an die Reihe. Stein ablegen, einen Pilger aus Italien bitten, ein Beweisfoto zu machen, und weiter ging es.