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Kühle Stille im hohen Kirchenschiff des Kummerfelder Gotteshauses. Die weitgeöffnete Tür lässt hin und wieder Geräusche mäßigen Straßenverkehrs herein. Pater Blasius kniet am Altar vor dem gekreuzigten Christus. Er sucht Zwiesprache. Erregung macht ihm die Worte lauter als sonst im Gebet.
Die Bitte eines Sterbenden, Herr. Er wünscht sich mein Wort an seinem Grab. Nicht Vergebung will er von mir, nicht die letzte Ölung zum Heil seiner Seele, nicht dein Gnadengeschenk des ewigen Lebens, nur ein Wort zum friedfertigen Umgang miteinander, zu Sanftmut und Duldsamkeit gegenüber Andersdenkenden, die mit eigenen Weisen und Wegen ein menschenwürdiges Erdendasein erstreben Er ist ein guter Mensch, denke ich. Aber ein Heide Zeig mir den Weg, Herr! In mir ist es finster. Was soll ich tun? Was darf ich tun als dein Diener?
Es bleibt still im weiten Kirchenschiff. Kein Zeichen. Nichts. Oder doch? Ein Bibelwort kommt ihm in den Sinn. Es ist wie ein Ruf von weither. Ohne Erbarmen wird das Gericht über den ergehen, der nicht Erbarmen geübt hat. Aus dem Jakobusbrief, weiß Pater Blasius. Aber eine Antwort? Ist das Seine Antwort für mich?
Er findet einen Platz in einer der letzten Reihen des Gestühls. Sein Blick wandert hinüber zur Kanzel. Erinnerung lässt das Bild verschwimmen. Er sieht sich selbst dort oben stehen, zwanzig Jahre jünger als heute. Es ist der Tag, an dem ein Vorfall zur ersten Begegnung mit dem gerade in Kummerfeld angekommenen neuen Bürgermeister führt. Sein Name: Josef Heiliger.