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Das Licht der schwarzen Kerze von Wolfgang Held
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Preis E-Book:
6.99 €
Veröffentl.:
03.07.2020
ISBN:
978-3-95655-803-0 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 295 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Action und Abenteuer, Belletristik/Thriller/Spionage, Belletristik/Krimis & Detektivgeschichten/Hartgesotten, Belletristik/Krimis & Detektivgeschichten/Polizeiprozesse, Belletristik/Thriller/Spannung, Belletristik/Thriller/Politik, Belletristik/Thriller/Verbrechen
Politthriller/Justizthriller, Historischer Roman, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Historische Abenteuerromane, Kriegsromane: Zweiter Weltkrieg, Kriminalromane und Mystery: Polizeiarbeit, Kriminalromane und Mystery: Hard Boiled, Roman noir, Deutschland, Erste Hälfte 20. Jahrhundert (1900 bis 1950 n. Chr.)
Gestapo, Spanien, Gefangenenlager, Folter, Giftgas, Agent, Flucht, Sahara, Mord, KZ, Faschismus, Nationalsozialismus
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Immer war einer der beiden Thuareg an seiner Seite. Dass sie ihn unauffällig bewachten, war nur zu spüren, wenn er versuchte, in die Nähe der Tragtiere zu gelangen. Dann war die Freundlichkeit aus den dunklen Augen verschwunden, und Laute des Unwillens hatten den Gesichtsschleier durchdrungen.

Nachdem dies zweimal geschehen war, hatte er auf einen dritten Versuch verzichtet, um kein Misstrauen zu erregen. Viel wichtiger als das Geheimnis dieser Karawane war es ihm gewesen, wieder zu Kräften zu kommen. Solange mir der Wind noch durch die Rippen blasen kann, ist Neugier für mich schädlich, hatte er sich gesagt und mit seinem Appetit die Tuareg, die selbst nicht gerade kleine Portionen verzehrten, in Erstaunen versetzt.

Das letzte Licht des Tages verlosch am Horizont. Die Dünen wurden grau, und ihre Konturen zerflossen in der Dunkelheit. Fred Laurenz blickte sich nach Hammed um, der dicht hinter ihm ritt, und gab ihm mit einer Geste zu verstehen, dass er auf das Zeichen zum Nachtlager wartete. Aber der Targi reagierte nicht. Auch die anderen Männer zeigten keine Unruhe, obwohl die Späher nicht wie sonst bei Sonnenuntergang zurückgekommen waren.

Irgendetwas Ungewöhnliches stand bevor! Fred Laurenz beobachtete gespannt die trostlose Umgebung. Sand und Sand und Sand … Doch was war das? Wurde der Schaukelschritt seines Reittieres schneller? Er täuschte sich nicht. Wie von einem lautlosen Kommando angetrieben, strebten die Meharis und auch die Tragtiere einem noch unsichtbaren Ziel entgegen. Eine Oase? Kein Zweifel, irgendwo dort vor den aufgeblähten Nüstern der Kamele lag eine Oase!

Der schmale Sichelmond war erst eine Handbreit am Himmel emporgekrochen, als der Boden unter den Kamelhufen fester wurde. Die Dünen verebbten in eine weite Ebene. Schatten wuchsen empor: Palmen! Ein paar schwache Lichter blinkten der Karawane entgegen.

In der Oase El Chubsa umsäumten einige Dutzend Palmen und Tamariskenbüsche wie ein grüner Schutzwall zwei Schöpfbrunnen und einen winzigen Teich. Die wenigen Bewohner lebten in flachen, rechteckigen Palmstrohhütten, aber es gab auch ein festes, bungalowähnliches Haus mit einem kleinen Garten, den ein aus Palmwedeln errichteter Zaun umschloss. Hinter den vorhanglosen Fenstern dieses Hauses brannte mattes Licht. Ein Mensch war nirgends zu sehen.

Der Bärtige wies die Karawane zu fünf ein wenig abseits stehenden Riesenpalmen, wo das Lager aufgeschlagen wurde. Die Männer nahmen den Kamelen die Lasten ab und führten die Tiere zum Brunnen. Bald darauf prasselte Feuer unter den Wasserkesseln des Abu Schai, wie der Koch der Karawane genannt wurde. In erstaunlich kurzer Zeit trieb der alte Araber ein paar Hühner auf. Zu dem stark gewürzten Fleisch gab es Reis. Seltsamerweise lockte der Geruch des Essens keinen der Oasenbewohner herbei. Es hatte den Anschein, als fürchteten sie sich vor den Ankömmlingen.

Nach der Mahlzeit stiegen vier der Männer wieder auf ihre Reittiere, die nur gefüttert und getränkt, aber nicht abgesattelt worden waren. Lautlos verschwanden sie in der Nacht. Die anderen suchten sich einen Platz zum Schlafen und hüllten sich in ihre Decken. Wie jeden Abend, legten sich auch heute Thaleb und Hammed neben den Deutschen, doch dessen Müdigkeit war diesmal nur vorgetäuscht. Er suchte keinen Schlaf, obwohl ihm die Glieder nach dem langen Ritt steinschwer geworden waren. Ein Gedanke hielt ihn wach. Auf dem flachen Dach des Hauses mit den hellen Fenstern hatte er einen Mast entdeckt, von dessen Spitze ein Draht bis hinauf zu einer der hohen Palmenkronen gezogen war. Eine Antenne. War dieser Ort mehr als nur ein Rastplatz? Wohin führte die Funkverbindung? Was waren das überhaupt für Leute, denen er sich notgedrungen hatte anschließen müssen?

Noch vor der Abendmahlzeit war der Bärtige durch den matten Lichtschein gegangen, der aus dem Fenster fiel, und in dem Haus verschwunden, dessen Bewohner unsichtbar blieben.

Schwarz und starr, aufragenden Fäusten gleich, hoben sich die Konturen der Riesenpalmen vom Nachthimmel ab. Fred Laurenz zählte die Sterne, um nicht einzuschlafen. Als er sich dabei ertappte, dass er mit geschlossenen Augen weiterzählte, schob er seine geballten Hände unter den Rücken. Der Druck auf die kaum verheilten Wunden hielt ihn wach. Endlich vernahm er Thalebs Schnarchen und die langgezogenen, leise pfeifenden Atemzüge Hammeds. Lautlos erhob er sich, streifte den hellen Überhang ab und ging langsam zum Brunnen. Halbgefüllt stand der lederne Schöpfeimer auf dem Rand. Er trank ein paar Schlucke und lauschte. Alles blieb still, aber er traute dieser Ruhe nicht. Vielleicht gab es irgendwo in der Nacht ein dunkles Augenpaar, das ihn argwöhnisch beobachtete. Er versuchte einen möglichst unverdächtigen Eindruck zu machen und schlenderte hinunter zum Ufer des Teiches. Neben einen Tamariskenbusch hockte er sich eine Weile nieder und wartete. Einmal raschelte es im Schilf, Wasser plätscherte, wie von einer flachen Hand aufgepeitscht, dann herrschte wieder Schweigen. Von einem Verfolger war nichts zu merken.

Einen Bogen schlagend, erreichte Fred Laurenz auf Händen und Knien den Palmwedelzaun an der vom Nachtlager abgewandten Seite. Ein Sprung, ein leises Knirschen beim Aufprall, und er stand im Garten. Mit zwei, drei schnellen Sätzen war er an der Hauswand. Er presste den Rücken an die Mauer, die noch Sonnenwärme ausströmte. Deutlich konnte er die Stimme des bärtigen Karawanenführers vernehmen. Der Elsässer sprach nicht laut, aber der Ärger in seinen Worten war nicht zu überhören.

Vorsichtig näherte sich Fred Laurenz dem Fenster. Es hatte keine Glasscheiben, nur ein dichtes Gazenetz schützte das Zimmer vor den vom Licht angelockten Insekten. Der Raum lag fast zu ebener Erde und war gut zu überblicken. Von der Decke hing eine alte Petroleumlampe herab, deren milder Schein die Ecken des Zimmers im Dämmer ließ. An dem Funkgerät glomm, nicht größer als die Glut einer Zigarette, ein roter Punkt. Vor dem Gerät saß ein dunkelhäutiger Mann in Araberkleidung. Er hatte den Kopfhörer von den Ohren geschoben, sodass die Muscheln mit den Membranen nun an seinem Kinn lagen.

Der Bärtige hatte seinen weißen Umhang abgestreift. Eine Hand in der Hosentasche, in der anderen ein halbvolles Glas, so stand er vor dem Dunkelhäutigen und redete auf ihn ein. Unbeeindruckt hörte ihn der Mann an, zog schließlich die Schultern hoch und gab, mit einer Kopfbewegung auf das Funkgerät weisend, eine knappe Antwort.

Statt zum Boxtraining zu gehen, hätte ich einen Französischkursus besuchen sollen, fluchte Fred Laurenz innerlich, denn er verstand kein Wort von dieser Auseinandersetzung. Doch die Erinnerung an die Abende, die er mit Seilspringen und harten Schlägen gegen pendelnde Sandsäcke verbracht hatte, führte ihn zu einem Entschluss. Distanz, mein Junge, ist etwas für Leute mit langen Armen, du musst ran an den Mann, hatte ihm sein Trainer eingeschärft. Fred Laurenz musste lächeln bei dem Gedanken an Harry, den boxbegeisterten Arbeitersportler, der nie darüber hinweggekommen war, dass sich sein Schützling freiwillig zur Reichswehr gemeldet hatte.

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