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Ein Fingerhut voll Zuversicht von Christa Grasmeyer
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Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
23.08.2014
ISBN:
978-3-95655-027-0 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 258 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Liebesroman/Erwachsenwerden, Belletristik/Familienleben, Kinder-und Jugendbuch/Mädchen und Frauen, Kinder-und Jugendbuch/Liebe und Romanze, Kinder-und Jugendbuch/Soziale Fragen/Tod und Sterben
Kinder/Jugendliche: Gegenwartsliteratur, Kinder/Jugendliche: Liebesromane, Freundschaftsromane, Kinder/Jugendliche: Persönliche und soziale Themen: Tod und Trauer, Kinder/Jugendliche: Persönliche und soziale Themen: Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstsein, Familienleben, Liebesromane
Schwerin, Lederwarenwerk, Lehrling, Liebe, Geschwister, Tod, Fotograf
12 - 99 Jahre
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Nach diesem Erlebnis hielt Sascha es für angebracht, öfter bei den Schills nach dem Rechten zu sehen. Er tat es mit einer Selbstverständlichkeit, als sei er ein älterer Vetter. Manchmal brachten ihn die Jungen von draußen mit, sie hatten ihn irgendwo getroffen. Manchmal klingelte er an der Tür und kam herein, ohne nähere Erklärungen abzugeben. ,,Hallo, wie geht’s?“

Er ließ Fannys Erstaunen an sich abprallen, fragte nach den Brüdern, alberte mit ihnen herum, hörte interessiert auf ihre belanglosen Reden und gab ihnen Ratschläge und Hinweise, und Volker und Rüdiger lauschten auf jedes seiner Worte. Was er anordnete, wurde prompt befolgt. Streitereien, die er schlichtete, flammten nicht wieder auf. Keineswegs war er immer freundlich. Wenn er entdeckte, dass die Jungen bloß Unsinn getrieben hatten, anstatt im Haushalt zu helfen, fauchte er sie an. Er fragte Fanny: „Kommst du klar?“ Und wehe, sie hatte Grund zu Klagen! Es machte ihm gar nichts aus, eine freche Bemerkung mit einer Ohrfeige zu beantworten, pädagogische Grundsätze hatte er nicht. Er handelte spontan und bedenkenlos autoritär. Gleichzeitig aber war er ein Kumpel, der sich balgte und Sinn hatte für Eulenspiegeleien jeder Art. Was immer man ihm erzählen mochte, er hatte Zeit, hörte zu, und zwar nicht wie ein Erwachsener, der sich von seiner Warte auf die Warte halbwüchsiger Jungen begibt, um sie zu verstehen, sondern als einer von ihnen, der alles verstand, der sich brüllend vor Lachen hintenüber auf die Couch warf, der beim Kartenspiel mogelte, der über Schweinigeleien grinste und Verstöße gegen die Schulordnung normal fand.

Fanny wusste nicht, was sie davon halten sollte. Einerseits schaffte Sascha ihr einen Berg von Schwierigkeiten aus dem Weg. Sie brauchte nicht mehr zu schreien und in die Hände zu klatschen. Sie brauchte nur anzudeuten, dass sie Sascha dies oder jenes stecken würde, und schon verwandelten sich die beiden in dienstbereite Kameraden. Andererseits aber war ihr diese Freundschaft zwischen Sascha und den Brüdern ein Rätsel und ein Dorn im Fuß. Wen besuchte er in Wahrheit, die Brüder oder sie? War zum Beispiel der Vater zu Hause und öffnete die Tür, dann behauptete Sascha immer, er komme zu Fanny. Das war viel einleuchtender, und der Vater glaubte natürlich wie die Jungen, Sascha wäre Fannys Freund. Aber er war es nicht! Er, der mit allen anderen schäkerte, bedeutungsvolle Blicke tauschte und wunder wie vertraulich tat, er war ihr gegenüber zurückhaltend.

Auch die Mädchen in der Schule fingen allmählich an, in Fanny und Sascha ein Paar zu sehen. Wie sollten sie es sich sonst wohl erklären, dass diese beiden nach Schichtende nicht wie alle anderen zur Straßenbahnhaltestelle gingen, sondern zusammen den weiten Fußweg durch den Schlossgarten vorzogen? Sie gingen zwar nicht Hand in Hand, wie es eigentlich bei Paaren üblich war, aber sie sonderten sich ab, und das gab zu denken. Es gab auch Anlass zu allerlei mehr oder weniger offenen Anspielungen und Fragen, die Fanny verlegen machten, weil sie keine Antwort wusste. Ja, hätte sie sagen mögen, wir gehören jetzt zusammen! Dann hätte sich keine mehr herausnehmen dürfen, Sascha von ihrer Seite wegzulotsen, aber das ging weiter, daran änderte sich nichts. Fanny beobachtete nun noch viel schärfer, folglich sah sie noch viel mehr, was ihren Argwohn erregte. Sie war wütend auf sich.

Immer wieder nahm sie sich vor, Sascha beim nächsten Mal eine Abfuhr zu erteilen und nicht mit ihm durch den Schlossgarten zu gehen. Doch wenn er sie fragte, war sie sofort einverstanden. Sie verwünschte sich dafür.

 

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