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Die Rebellin. Königin Christine von Schweden von Sigrid Grabner
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Preis E-Book:
8.99 €
Veröffentl.:
05.04.2022
ISBN:
978-3-96521-644-0 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 388 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Biografisch, Belletristik/Geschichte, Belletristik/Action und Abenteuer, Belletristik/Liebesroman/Geschichte/Regency (Regentschaft), Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Politik
Historischer Roman, Biografischer Roman
30-jähriger Krieg, Schweden, Gustav II. Adolf, Papst, Rom, Hamburg, Karl X. Gustav, Neapel, Giordano Bruno, Michelangelo, Descartes, Christina von Schweden, Kardinal, Galileo Galilei, Otto von Guericke, Leibniz, Juden, Maria Theresia
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Einige Meilen vor Rom empfingen uns zwei Kardinäle mit stattlichem Gefolge und einer Kompanie Kürassiere. Ungeduldig ließ Christine die Begrüßungszeremonie über sich ergehen: Soldatenparade, Verbeugungen, Höflichkeitsfloskeln, Reden, Kommandos, erneute Verbeugungen … Wie viel Zeit vertun die Herren doch mit solchen Nichtigkeiten!

Die Königin flüsterte mir zu: „Die Welt ist ein Theater, in dem jeder seine Rolle zu spielen hat.“

„Schon wahr“, gab ich zurück, „und ich bin Gott dankbar, dass ich nicht Ihre Rolle spielen muss.“

Endlich die Milvische Brücke. Der Zug vermied die Innenstadt und nahm den kürzeren Weg durch die Porta Pertusa und die Vatikanischen Gärten. Da wir früher als vorgesehen Rom erreichten, hatte Alexander die Königin gebeten, ihre Ankunft vorerst geheimzuhalten. Doch Hunderte von Römern säumten die Straßen, auch im Vatikan drängten sich Gaffer auf den Treppen und Galerien. Lachend sagte Christine und so laut, dass jeder es hören konnte: „Das also bedeutet in Rom, incognito anzukommen!“

Noch am Abend dieses Tages hieß der Papst Christine willkommen. Ich fragte mich, wer sie das päpstliche Zeremoniell gelehrt hatte, als sie fehlerlos die vorgeschriebenen Kniefälle, Handkuss, Fußkuss, Verbeugungen absolvierte. Ein ungewohnter Anblick, die stolze Christine so demütig zu sehen. Aber sie erwies nicht dem Menschen Fabio Chigi diese Ehren, sondern dem seit Jahrhunderten geheiligten Amt des Oberhirten der Christenheit. Zeugen doch schwache, ungerechte, eitle, ja verbrecherische Männer auf dem Stuhl Petri ebenso wie die Heiligen unter ihnen von einer Idee, die den Himmel mit der Erde, Gott mit den Menschen verbindet. Im Zentrum der Spannung zwischen Gottesreich und Welt steht der Papst, Symbol des unsichtbaren Leibes einer geeinten Menschheit als Ebenbild Gottes. Einer solchen Idee konnte Christine, die sonst keinen Menschen über sich anerkannte, huldigen. Sie war so bewegt, dass sie bei der Begrüßungsrede ins Stocken geriet. Alexander half ihr mit freundlichen Worten, sich zu fassen.

Das Gespräch erschöpfte sich im Austausch von Komplimenten. Christine pries die Lebendigkeit von Alexanders Dichtung über Münster und deklamierte: „Heimat des Regens! So möchte ich, Münster, dich benennen …“ Alexander bewunderte ihre Kenntnis der italienischen Autoren. Als sie die Bitte vortrug, von nun an auch den Namen Alexandra tragen zu dürfen, war er vollends für die Königin gewonnen. Er ahnte freilich nicht, dass sie dabei an Alexander den Großen dachte.

Niemandem außer mir schien aufzufallen, dass die Geschichte gerade einen Purzelbaum schlug. Der als Apostolischer Nuntius bei den Friedensverhandlungen in Münster der Königin von Schweden unterlegen war, trug nun die Tiara, während Christine ohne Krone vor ihm kniete. Doch wer ist schon Sieger, wer Besiegter? Unaufhaltsam dreht sich das Rad der Zeit. Wer heute im Licht steht, sinkt morgen ins Dunkel.

Die Rebellin. Königin Christine von Schweden von Sigrid Grabner: TextAuszug