Specials
Firmenlogo
Verlag für E-Books (und Bücher), Handwerks- und Berufszeichen
Sie sind hier: Hoffnung am Irrawaddy. Burma im Aufbruch von Sigrid Grabner: TextAuszug
Hoffnung am Irrawaddy. Burma im Aufbruch von Sigrid Grabner
Format:

Klicken Sie auf das gewünschte Format, um den Titel in den Warenkorb zu legen.

Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
05.04.2022
ISBN:
978-3-96521-648-8 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 231 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Geschichte, Belletristik/Action und Abenteuer, Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Politik
Historischer Roman, Historische Abenteuerromane
Burma, Großbritannien, Japan, Befreiungsbewegung, Kolonialismus, Unabhängigkeit, Kampf, Priester, Revolution, Verfassung, Partisanen, Mord, 2. Weltkrieg, Partei, Gewerkschaft, Studenten
Zahlungspflichtig bestellen

Am Morgen des 15. Februar 1941 bestiegen Aung San und Sugii die „Shunten-maru“, versehen mit wunderschönen Pässen, die sie als Besatzungsmitglieder auswiesen. Als das Schiff von der japanischen Küste ablegte, atmete Aung San auf. Diese Fahrt war nicht weniger abenteuerlich als die auf der „Hai Lee“. In Burma drohten wieder Verhaftung und Gefängnis, aber diese Fahrt hatte ein Ziel: die Heimat, die Freunde. Und es zeichnete sich ein Weg ab. Unklar zwar, aber Aung San fühlte sich wieder stark für seine Träume, die die Träume seines Volkes waren. Wie ein nach langer Krankheit Genesender genoss er die Fahrt durch die ost- und südostasiatischen Gewässer. Er sah alles zum ersten Mal – das berühmt-berüchtigte Hongkong, dessen Hochhäuser am Hafen durch den Nebel nur in ihren Umrissen erkennbar waren; Singapore, die von den Engländern als uneinnehmbar erklärte Seefestung; die Straße von Malakka und dann, endlich, endlich nahm das Schiff Kurs Nord-Nordost. Als es in die von Mangrovenwäldern umsäumte Mündung des Ngavun einfuhr, konnte Aung San seine Ungeduld kaum noch zügeln. Je näher die „Shunten-maru“ sich an Bassein heranschob, umso lebhafter wurde das Gewimmel auf dem Fluss. Tausende kleiner Boote, schwer beladen mit Reis, Früchten und Fischen, trieben im Wasser, und die Rufe der Händler klangen Aung San wie Willkommensgrüße in den Ohren. Verständnislos sah er Sugii an, als der über das feuchtheiße Klima stöhnte. Er hatte ganz vergessen, dass es in Japan Winter gewesen war, Winter bei seiner Ankunft, Winter bei seiner Abreise. Er dachte an Hla Myaing, der in Japan zurückgeblieben war. Aung San fühlte sich glücklich, wieder daheim zu sein.

Am 1. März legte die „Shunten-maru“ im Hafen von Bassein an, um Reis zu laden. Zwei Matrosen verließen das Schiff und erkundeten die örtlichen Verhältnisse. Am Zollamt fanden sie keine Polizisten. Sofort kehrten sie auf das Schiff zurück und nahmen Aung San in ihre Mitte. Sugii blieb zurück, er wollte erst in Rangun von Bord gehen. Am Tor des Zollhauses erklärten die drei Matrosen den Zollbeamten, sie wollten in die Stadt, um Bananen für die Besatzung des Schiffes zu kaufen. Einige Straßen weiter trennte sich Aung San von seinen Begleitern. In der Stadt erstand er einen Longyi, legte die falschen Zähne an, die ihm Suzuki beschafft hatte, und kaufte eine Fahrkarte nach Rangun. Der Zug war vollgestopft mit Händlern, die in Rangun gute Geschäfte zu machen hofften. Aung San erfuhr, dass solche wunderschönen leuchtenden Sonnenschirme nur in Bassein angefertigt wurden und in dieser hochsommerlichen Zeit reißenden Absatz fanden. Er begutachtete Töpferwaren, immer bestrebt, sich im dichtesten Gewimmel aufzuhalten, um nicht erkannt zu werden. Am späten Nachmittag fuhr der Zug in Rangun ein. Aung San wartete, bis es dunkelte, nahm dann eine Rikscha und ließ sich zu Thakin Myas Haus in Hledan fahren. Der Freund war nicht zu Hause.

Als er endlich zur Tür eintrat, fragte er befremdet: „Sie wünschen?“ Aung San brach in ein unbändiges Gelächter aus. An seinem Lachen erkannte ihn Thakin Mya. Seine Augen weiteten sich vor Staunen. „Bist du’s wirklich, Aung San?“, fragte er ungläubig.

„Nein, ich bin der Gott Thagyamin, der auf die Erde herabgestiegen ist. Ich habe zwar nicht vier Augen, vier Ohren und zwei Nasen wie er, dafür aber zwei Garnituren Zähne“, sagte Aung San lachend und nahm die falschen Zähne aus dem Mund. Er konnte sich gar nicht beruhigen über Thakin Myas dummes Gesicht. Dessen Vorhaltungen, wie unvorsichtig es gewesen sei, direkt zu ihm zu kommen, trafen auf taube Ohren. Aung Sans ausgelassene Fröhlichkeit steckte schließlich auch Thakin Mya an.

„Hol die Freunde zusammen. Ich habe viel zu erzählen.“

„Nur ein paar“, dämpfte Thakin Mya Aung Sans Enthusiasmus. „Hier kannst du nicht bleiben. Die Polizei hat mehr als vier Augen, vier Ohren und zwei Nasen. Dazu noch ein Haifischmaul voller Zähne.“

Aung San winkte ab. „Geheimdienstleute sind widerwärtige Kreaturen, die man am besten ignoriert.“

In derselben Nacht beschlossen die Freunde, Aung San in einem Lagerhaus in Thingangyun, wenige Meilen nordöstlich von Rangun, zu verstecken.

Hier trafen sich an einem der nächsten Abende die Thakin-Führer, die sich noch in Freiheit befanden. Es wurde eine lange Nacht. Die Freunde lauschten begierig auf das, was ihnen Aung San und ein Japaner, der sich als Minami Waka vorstellte, zu sagen hatten.

Der Japaner war Sugii. Einer der Teilnehmer, Aung Sans Freund aus den Studententagen und im Hauptquartier der Dobama Asi-ayone, Hla Pe, berichtete über diese Zusammenkunft:

„Wir waren begierig auf Neuigkeiten, und Aung San enttäuschte uns nicht. Er sagte, dass mit den Japanern Übereinkünfte erzielt worden waren. Sie würden unseren Aufstand mit Waffen und Geld unterstützen, aber nicht selbst in Burma einmarschieren. Um uns auf den Aufstand vorzubereiten, würden die Japaner unsere jungen Führer in Militärlagern im Ausland ausbilden, und wir sollten sie auswählen und auf dem Land- und dem Seeweg losschicken. Wir nahmen die Pläne an; wir hatten keine andere Wahl, und wir alle stimmten darin überein, dass wir uns der britischen Macht nur durch Gewalt entledigen konnten. Es war eine lange Nacht für uns, und als wir mit der Diskussion fertig waren, fielen wir in den tiefen Schlaf jener, die ihre Aufgabe erfüllt haben.“

Die nächsten Tage vergingen in fieberhafter Aktivität. Die Zeit drängte. Die Thakins bildeten eine Kommission. Sie wählte die Burmesen aus, die in Japan ausgebildet werden sollten. Eine schwere Aufgabe. Auf die Jungen musste Verlass sein. Die Partei war zerschlagen. Der bullige U Saw, der es nun endlich geschafft hatte, Premierminister zu werden, verfolgte die Thakins erbarmungslos. Wie leicht konnte einer der Jungen umgefallen und zum Spitzel geworden sein! Dann wäre das ganze Unternehmen zu Ende, ehe es richtig angefangen hatte. Jeder einzelne wurde in einem Gespräch auf Herz und Nieren geprüft, jeder war den Kommissionsmitgliedern persönlich bekannt.

Schon am 11. März 1941 gingen die ersten fünf jungen Burmesen, unter ihnen Aung San, an Bord der „Shunten-maru“, die noch im Hafen von Rangun vor Anker lag. Sie schmuggelten sich als Mitglieder der japanischen Besatzung an Bord. Aung San legte wieder seine falschen Zähne an und freute sich wie ein Kind über die verblüfften Gesichter seiner Freunde.

Hoffnung am Irrawaddy. Burma im Aufbruch von Sigrid Grabner: TextAuszug