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Der Takt liegt auf dem linken Fuß. Gedichte von Hasso Grabner
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Preis E-Book:
4.99 €
Veröffentl.:
30.03.2021
ISBN:
978-3-96521-308-1 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 95 Seiten
Kategorien:
Lyrik/Deutsch, Belletristik/Politik
Lyrik, Poesie, Moderne und zeitgenössische Lyrik (ab 1900), Einzelne Dichter
Lyrik, DDR, Sozialismus, Sowjetunion, Arbeiter, Jugend, Bergmann, Metallarbeiter, Frieden, Stalinallee, SED, Aktivistenbewegung, Henecke, Walzwerk Gröditz, Überseehafen Rostock, Kinderferienlager, Parteitag, Oktoberrevolution, 1. Mai, Parteilehrjahr
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Hochwasser

Mit Eifer und Wut
schleppten sie Balken und Steine
und Säcke voll Sand
durch Nacht
und Not,

aber im Lichtkegelscheine
sahen sie, wie die Flut
ihren Mühen lacht
und das Land
tödlich bedroht.

Mit keuchenden Lungen
stürmten sie wieder und wieder
gegen der Wasser Gewalten,
um der gierigen Zungen
gurgelndes Auf und Nieder
in Schach zu halten.

Dann sah es so aus,
als siegte die Kraft ihrer Hände
und ihres Willens Kraft
über den Graus
und der Elemente
zerstörende Leidenschaft.

Ein Glück! -
Sie schauten zum erstenmal links und rechts.
Da standen wie Mauern
Arbeiter aus der nahen Fabrik
und stämmige Bauern,
Genossen dieses Gefechts.

Da empfanden sie in außergewöhnlicher Reinheit
und in viel höherem Maße unmittelbar
als durch jeglicher Schulung Daten,
wie doch die Lehre von der kämpfenden Einheit
der Arbeiter, Bauern, Soldaten
lebendig war.

Und wie sie das noch beglückt erfühlten,
als ob sie einen innigen Kuss empfänden,
geschah es,
anfänglich unbemerkt:
Die oben gebändigten Wasser spülten
verstärkt
an den Dammfundamenten.

Einer von ihnen sah es
im Scheinwerferschatten.

Ein spannenbreiter,
tiefer Riss!
Wie hungrige Ratten
mit scharfem Gebiss
nagten die Fluten ihn weiter.

Alle stehn blassen Angesichts
vor diesem Schrecken
und denken: Das ist das Ende.
Einer aber sagt: „Da hilft alles nichts,
man muss das mit dem Bauche zudecken.
Gebt mir die Hände!“

Und lässt sich,
von zwei Genossen gehalten,
in die Wasser, die wilden,
und presst sich
an der Böschung winzige Falten,
während sich reißende Wirbel um ihn bilden.

Da hängt er nun bis zum Halse drinnen
und stemmt sich verbissen
gegen die wüste Gewalt
mit notwehrgeschärften Sinnen,
innerlich ganz zusammengerissen
und gebietet mit seinem Leibe Halt!

Gegen das Zerstörende
ringt er,
das alles gepackt hat.
Sein Herz, das sich empörende,
zwingt er,
dass es dieses Tanzes richtigen Takt hat.

Ursprünglich hatte er gedacht:
Man wird mich ablösen,
wir sind ihrer viele.
Bald aber hatten die Fluten ihm klargemacht:
Den Einsatz zahlst du allein in diesem bösen,
höchste Münze heischenden Spiele.

Eine Minute nur die bestürmte Stelle
ohne das schützende
Bollwerk aus Blut und Fleisch und Knochen,
und des Wirbels hochaufspritzende,
rasende Welle
hätte den Damm durchbrochen.

Nein, man darf nichts verloren geben
und es gibt hier nichts zu wählen,
selbst wenn aushalten hieße: untergehn.
An alle denkend, die jetzt auf ihn zählen,
verband er dem Damme sein Leben
und blieb stehn.

So lange -
und das waren Stunden,
deren Länge keine Zeiger aussagen -
wie die Genossen Stange um Stange
in den einbruchgefährdeten Halbkreis schlagen
und sie verspunden.

Dann holten sie ihn heraus.
Ihre Herzen umschlossen
den, der ihnen allen den eigenen Leib geliehn.
Schweigend fuhrn sie nach Haus.
Alle Genossen
beugten sich über ihn.

Einige Tage später
waren viele versammelt.
Ein Gemeindevertreter
stammelt
im Überschwang
würgender Rührung
den Dank
und drückt ihm minutenlang
die Hand.

Er aber fand,
dass der Worte zu viele waren
von heldenhafter Führung
und Mut und Gefahren,
die sie ihm zu Ehren
fallen ließen,
und sagte: „Genug geehrt!
Die wir zur Volksarmee gehören
leben doch dem Gebot,
jede Bresche zu schließen,
die unsere Heimat bedroht.
So hat es uns die Partei gelehrt.“

Der Takt liegt auf dem linken Fuß. Gedichte von Hasso Grabner: TextAuszug