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Das Wassermärchen von Herbert Friedrich
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Preis E-Book:
2.99 €
Veröffentl.:
16.11.2021
ISBN:
978-3-96521-569-6 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 44 Seiten
Kategorien:
Kinder-und Jugendbuch/Märchen und Folklore/Allgemein, Kinder-und Jugendbuch/Natur und die natürliche Umwelt/Allgemein, Kinder-und Jugendbuch/Kurzgeschichten, Kinder-und Jugendbuch/Leser/Anfänger
Belletristik: Erzählungen, Kurzgeschichten, Short Stories, empfohlenes Alter: ab 6 Jahre
Märchen, Wasser, Schnee, Habgier, Hilfsbereitschaft, Eitelkeit, Freundschaft
6 - 99 Jahre
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Kerim wurde ganz trübselig. In solch eine Stadt war Aka Augenschön gezogen! Er musste ihr und allen Bewohnern so schnell helfen, wie er nur konnte. „Warum gibt es so wenig Wasser in Trockenstadt?“, klagte er.

Der Ackerbauer Osman lachte verächtlich. „Viel gibt es, viel! Aber das Wasser besitzt Geierkopf, und das Salz besitzt er, dieser Wucherer. Nur wer viel Geld bezahlt, kann sich etwas kaufen. Der Bäcker kann nichts backen, und der Bauer kann nichts anbauen, denn es sind keine reichen Leute.“

Kerim dachte finster an die Karawane, die er mit Wasser versorgt, denn diese hatte auch Geierkopf gehört. Warum befand sich aber die gute Aka Augenschön bei der Karawane?

„Höre“, sagte Kerim am nächsten Morgen zu Osman, dem Ackerbauern, „ich will dir deine Flasche mit Wasser füllen. Wenn du sie nie ganz leerst, wirst du immer Wasser haben. Gehe zu den Weißen Felsen. Dort findest du den Bäcker Kassim. Behüte mit ihm Wolle, mein Schaf, und Spring-ins-Feld, meine Ziege. Ich muss eilends nach Trockenstadt reiten.“ Dann galoppierte er auf dem Ross Wie-der-Wind über die Steppe, der Ackerbauer Osman aber begab sich auf den Weg nach den Weißen Felsen.

Keiner maß Zeit, keiner maß Weg, immer und immer ritten sie und glaubten, dass sie nie und nimmer ankämen.

„Oh, oh, schwebt dort keine Wolke?“

„Ein Geier!“

„Oh, oh, schimmert dort nicht Wasser?“

„Ein Gerippe!“

Und ritsch – flog Kerim aus dem Sattel, da Wie-der-Wind über einen Felsbrocken gestolpert war. In hohem Bogen stürzte er zur Erde, während das Pferd schuldbewusst den Kopf senkte. „Es tut mir leid, es tut mir leid“, rief es. „Die Luft flimmerte vor meinen Augen.“

„Schon gut“, ächzte Kerim. „Ist die Karaffe noch ganz?“ Hastig wickelte er den Mantel aus und tastete über das Glas. Aber, o Freude! Die Karaffe hatte nicht den kleinsten Sprung bekommen! Fröhlich klatschte Kerim dem Ross die Weichen. „Kein Tropfen ging verloren, nichts ging verloren. Die Bäcker werden backen, und die Bauern werden bewässern, und Aka, die schöne Aka wird trinken!“ Aber als er in den Sattel steigen wollte, schmerzte ihm der Fuß, so dass er stöhnte. „Wie-der-Wind, mein Ross, wirf mich nicht mehr ab. Es kann nicht mehr weit sein.“

Und es war nicht mehr weit. Denn als sie um den Felsen bogen, lag vor ihnen die Stadt Trockenstadt mit der Moschee und vielen Lehmhäusern in der stechenden Sonne.

„Wie-der-Wind, gutes Ross, sicher hast du uns hergebracht. Bald kannst du ruhen!“

Auf einem Hügel inmitten der Häuser lag ein Palast mit vielen kleinen Türmen. Der Hügel war grün von saftigem Gras und bunt von Blumen, überall ringsum aber dehnte sich aschgrauer Steppenboden. Kerim war so verwundert über die Pracht, dass er gar nicht bemerkte, wie ein Mann vorbeischlich. Erst als Wie-der-Wind durch die Nüstern schnob, wurde er aufmerksam. „He, wo willst du hin?“, rief er, weil sich der Mann in seltsamer Hast zu verbergen trachtete. „Wie-der-Wind, mein Ross, bringe mir den Mann herbei.“

Da half kein Sträuben, da half kein Zetern. Das Pferd drängte den ärmlichen Mann vor Kerim. Dieser aber sprach freundlich: „Ich bin kein Knecht Geierkopfs. Habe keine Angst. Ich weiß, dass du fortwandern willst, und ich halte dich nicht. Ich will nur einiges von dir wissen.“ Da wurde der Mann zuversichtlich und lächelte sogar. „Du hast recht. Ich will fort. Was ist das für ein Leben? Sieh dir den Hügel an, wie alles sprießt. Dort wohnt Geierkopf. Ihm will ich entfliehen!“

„Und warum?“

„Ich bin der Brunnenbauer Achmed. Auf dem Hügel habe ich für Geierkopf den Brunnen gegraben. Selber muss ich mir das Wasser kaufen. Die Frauen und Kinder laufen zu mir und flehen: ‚Brunnenbauer, schaff uns Wasser! Wir wollen trinken und kochen und uns waschen.' Und Geierkopf quäkt: ‚Schütt alle Brunnen in der Stadt zu, damit jeder das Wasser von mir kaufen muss.' Soll ich da nicht davonlaufen?“ Kerim fragte: „Wo finde ich Aka Augenschön, das Mädchen, das mit der letzten Karawane angekommen ist?“

„Das Mädchen, ja, das will Geierkopf verkaufen, weil ihr armer verstorbener Vater von ihm Geld geliehen hatte und es nicht zurückzahlen konnte. Sie ist geflohen, aber die Knechte haben sie wieder eingefangen.“ Da wurde es Kerim schwer ums Herz. Warum nur hatte ihm Aka nichts davon an den Weißen Felsen berichtet? Bestimmt hätte er sie befreien und am Wundersee verstecken können.

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