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Tiefenkontrolle. Jugendjahre im Arbeiter- und Bauernstaat, 2. Teil von Lutz Dettmann
Autor:
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Preis E-Book:
9.99 €
Veröffentl.:
04.08.2016
ISBN:
978-3-95655-704-0 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 475 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Liebesroman/Militär, Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Politik
Zeitgenössische Liebesromane, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Moderne und zeitgenössische Belletristik
DDR, NVA, Staatsbürgerkunde, Politik, Liebe, Wehrpflicht, Fremdgehen, Schikanen
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Husten auf dem Flur, Schritte kommen näher. Und plötzlich steht Major Wagner in der Tür. Ich springe auf, mache meine Meldung. Tropfen rührt sich nicht. Und an Wagners Blick sehe ich, dass gleich etwas passieren wird.

„Wollte mich mal mit dem Soldaten Lasky unterhalten. Da wird was gemunkelt.“

Er grinst, zeigt seine gelben Pferdezähne. Und mich greift wie immer die Angst an, wenn ich in Wagners Nähe bin. Seine wasserblauen Augen wandern über meine Felddienst.

„Levitzow, sagen Sie mal, aus welchem Lumpensack haben Sie denn die ausgegraben?“

Sein Finger zeigt auf meine Hose. Ich schaue an mir herunter, und ich weiß nicht was er will.

Denn ich bin stolz darauf, dass Buschi mir seinen alten Drillich schon abgetreten hat, obwohl er ja noch einige Tage hier dienen muss. Eigentlich hätte Bäumchen ihn bekommen müssen. Aber Buschi meinte, Weicheier dürfen solch altgedienten Drillich nicht tragen.

Gut, die Hosenbeine sind etwas kurz. Aber sonst?

„Soldat Levitzow, Sie sehen wie eine Vogelscheuche aus!“, stellt Wagner fest.

„Ziehen Sie doch mal Ihre Stiefel aus.“

Gefährlich ruhig ist seine Stimme.

Wortlos bücke ich mich, ziehe die Stiefel von den Füßen und stehe auf grauen Socken vor ihm. Hätte ich bloß die Socken gewechselt! Ein trauriger Geruch geht von meinen Füßen aus, und ein großer Zeh schaut neugierig aus seiner grauen Umhüllung, als ob er frische Luft schnappen will. Ein tolles Bild muss ich abgeben: Die grauen Socken, darüber der weiße Streifen der langen Unterhose und die viel zu kurze Drillichhose.

Und plötzlich geifert Wagner los:

„Ab zur BA-Kammer. Schämen Sie sich! Sie sind eine Schande für die NVA. Eine neue Felddienstuniform und in zehn Minuten bei mir im Stab melden! Ist das klar!“

Und ich schlüpfe schnell in meine Stiefel, blicke aus den Augenwinkeln zu Tropfen, der nur die Augenbrauen hochzieht. Kehrtwendung und raus. Ich möchte jetzt nicht in Haralds Haut stecken.

 

Mittägliche Ruhe herrscht vor dem Med-Punkt. Im Laufschritt, die Arme angewinkelt, tobe ich um den Ex-Platz und hoffe, auf keinen Offizier zu treffen. Eine einzige Ehrenbezeugung würde wohl meinen Zeitplan sprengen. Atemlos komme ich an der Kammer an. Der erste angenehme Anblick heute, als ich die Tür geöffnet habe: Das Reh hat Dienst.

Aber zum Bestaunen bleibt keine Zeit. Die Haare trägt sie wieder hochgesteckt. Einfach schön, dieses Mädchen! Sie lächelt nur, als ich ihr mein Anliegen schildere.

„Mit Ihren Hosen stehen Sie auf Kriegsfuß, was?“

Und während ich mich aus meiner Uniform schäle, sucht sie im Lager einen passenden Drillich.

Verlegen stehe ich mit meinen langen Unterhosen vor ihr, kann mich nicht einmal hinter dem Tresen in Deckung bringen. Wenigstens meinen neugierigen Zeh kann ich noch verstecken. Doch sie übergeht meine Scham, hilft die Hosenträger anzuknöpfen.

„Lassen Sie Wagner schreien! Bis zum nächsten Hosentausch.“

Ich will widersprechen, doch ihr Lächeln ist zu schön. Ab zu Wagner in den Stab. Was mich dort wohl erwarten wird?

Tiefenkontrolle. Jugendjahre im Arbeiter- und Bauernstaat, 2. Teil von Lutz Dettmann: TextAuszug