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Wolfgang spürte, wie ihm das Blut zum Herzen schoss. Plötzlich pfiff es heulend. Bei der Friedhofsmauer stiegen zwei riesige Feuerschwänze in den Himmel, in der Schule platzten die Fensterscheiben. Wolfgang lag im Flur und presste sein Gesicht auf die kalten Steinplatten.
Die Nacht schien in Stücke gebrochen zu sein. Gellend fiel sie auseinander.
Vom Ufer des Flusses kam der Schrei eines Riesenchores: Urräää urräää!
Wieder erhielt das Schulgebäude einen bebenden Ruck und zuckte in seinen Wänden. Türen und Fenster fetzten aus dem Gemäuer.
Schreie! Befehle! Schreie! Befehle!
Wolfgang hatte Mühe, sich bis zu dem Klassenzimmer hindurchzustoßen, zu rempeln. Er fiel über zu Boden Gestürzte, sie traten ihm ins Gesicht, in den Leib, und er rappelte sich wieder auf und trat anderen in den Leib, die am Boden schrien.
Zwischendurch war die Stimme Oberleutnant Fahlbergs zu hören: Erstes MG in den Hausflur, zwotes MG ans Ostfenster, drittes MG Nordseite! Alles andere an die Fenster verteilen. Handgranaten fertigmachen!
Und das wiederholte Fahlberg mehrmals.
Zwischendurch läutete dünn und fast glöckchenhaft das Telefon. Natürlich. Der Kistenunteroffizier hatte das wohl erwartet. Jaja, freilich, jawoll, Herr Major! Die Russen! Ja doch, die Russen! Ganz bestimmt! Hören Sie, sie sind schon unter den Fenstern! Soll hier bleiben! Jawoll!
Der Unteroffizier legte auf, obwohl der Bataillonskommandeur noch gesprochen- hatte. Durch die Fenster peitschten Schüsse, fuhren in die Wände. Unteroffizier Bake tanzte um die Kiste herum. Er legte sich jetzt hinter die Kiste. Sie war so lang wie er selbst, und hinter der Kiste war er geschützt. Da wäre doch kein Gewehrschuss durchgesaust?! Was ist denn in der Kiste? dachte er. Pulver? Papierkram? Und wenn Munition drin ist? Nein, Munition darf nicht drin sein! Vier Handgranaten lagen neben ihm.
Draußen war ein Schreien und Schießen und Krachen und Zischen. Und die aus den Fenstern schossen, schrien auch: Los, dort hinten, drei Mann! und dort zwei! Los, Feuer, immer hinein! Feuer!
Wolfgang Fiedler lag neben dem Maschinengewehr im Hausflur und reichte dem ersten Schützen die Gurte. Das Maschinengewehr hämmerte brüllend in die vorbeistürmenden Russen auf der Straße. Unten von der Friedhofsmauer von rechts knatterte ebenfalls ein Maschinengewehr. Wolfgang sah, wie sich die Leichen auf der Straße häuften.