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Bis tief in den Sommer hinein reichte seine Kraft. Dann kam der Tag, an dem sie erlahmte und wie ein Faden zerriss. Gereizt lief er umher. Es sah aus, als suche er einen Schuldigen, und er fand ihn natürlich. Leider war es der großzügige Baron Müller-Pronay, der ahnungslos über die Wege seines Parkes schritt und sich tief verbeugte, als er den Meister kommen sah. Beethoven machte sofort kehrt und rannte wütend zurück in die Villa.
Der Baron hingegen, der sich das sonderliche Verhalten seines Mieters nicht erklären konnte, stand eine ganze Weile wie zu Stein erstarrt auf dem Sandweg und schaute zu der Tür, hinter der Beethoven verschwunden war. Obgleich er den Meister nach wie vor glühend verehrte und stolz darauf war, ihn unter seinem Dach zu wissen, schüttelte er jetzt entsetzt den Kopf. Er hatte noch immer den Hut in der Hand und murmelte: Das war eine Brüskierung, wie ich sie noch nicht erlebt habe. Langsam schritt er auf seine Villa zu, den Stock ärgerlich in den Sand spießend und auf die Tür blickend. Das wird mir Beethoven erklären müssen, das ja, flüsterte er und war sehr gekränkt. Doch der Weg bis zum Haus zählte etwa hundertfünfzig Schritt. Das waren zu viel für seinen Ärger, aber genug, um dem Meister zu verzeihen. Vielleicht ist ihm gerade ein guter Einfall gekommen, den er nun in seinem Zimmer schnell zu Papier bringen muss, überlegte der Baron.
Beethoven jedoch war gar kein guter Einfall gekommen, als der Baron seinen Hut gelüftet und sich tief verbeugt hatte. Er rannte nämlich in der Küche vor der verdatterten Frau Schnaps zornig auf und ab und schrie: Ich kann das nicht mehr sehen! Ich werde wahnsinnig dabei. Ich träume davon. Ich Er brach plötzlich ab und fuhr sich mit den Fingern wild durch das ungekämmte Haar.
Was?, schrieb Frau Schnaps auf die kleine Tafel.
Den Baron und , wieder unterbrach er sich, weil die Frau ein so erstauntes Gesicht machte.
Hat er sich beklagt über Sie?, kritzelte die Frau auf die Schieferplatte.
Beklagt? Beethoven lachte dröhnend. Beklagt! Der beklagt sich nicht. Ich kann auf den Tisch schlagen und mit den Füßen auf den Dielen umhertrampsen, und Klavier spielen darf ich, dass die Saiten wegplatzen. Beklagt! Der beklagt sich doch nicht. Es ist etwas anderes, was mich rasend macht: seine andauernden Verbeugungen vor mir. Ja, das ist es.
Frau Schnaps, vor der sich niemand verbeugte, sah ihn verwundert an und schob die fleischige Unterlippe hervor, als wollte sie sagen, dass man dagegen wohl nichts machen könne. Sie nahm aber doch wieder die Tafel und schrieb: Ist denn das so schlimm?
Die Ungeheuerlichkeit dieser Frage begriff er im Augenblick nicht.
Deshalb sagte er: Was?
Frau Schnaps verbeugte sich tief, wodurch sie sich die Schreiberei auf der Tafel ersparte. Ihre blaue Schürze wetzte dabei über den Fußboden. So gründlich hatte sie es getan.
Ob das schlimm ist? Beethoven blieb vor ihr stehen. Schlimm! Treffe ich den Baron im Hausgang, verbeugt er sich, begegne ich ihm auf der Treppe, verbeugt er sich auch, komme ich nach Hause und er steht vor seiner Villa, verbeugt er sich tief und zieht sogar noch seinen gelben Sommerhut mit hinab, als wollte er die Freitreppe kehren und noch nicht genug, Frau Schnaps lehnt er aus einem der Fenster und ich schaue zu ihm, richtet er sich sofort gerade, um im nächsten Moment aufs Fensterbrett hinabzutauchen. Und dann im Park, Frau Schnaps. Kein Stück Weg, wo er sich noch nicht verbeugt hätte, keine Bank, von der er nicht aufgesprungen ist, um sich zu verbeugen. Und das drei Monate lang, was neunzig Tage sind, und somit tausend Verbeugungen, wenn ichs knapp rechne. Er seufzte, und auch Frau Schnaps schien nun fast überwältigt von der Qual und Tyrannei dieser Komplimente des guten Barons.
Am anderen Morgen schickte Beethoven die Haushälterin zu seinem Sekretär Schindler und ließ ihm ausrichten, er könne hier nicht mehr wohnen und wolle nach Baden ziehen. Schindler solle tags darauf früh fünf Uhr erscheinen und ihm helfen, eine neue Wohnung zu suchen. Und einen Zettel gab er der Frau Schnaps noch mit: