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Dann bist du tot! Mausetot! von Karina Brauer
Autor:
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Preis E-Book:
9.99 €
Veröffentl.:
03.12.2019
ISBN:
978-3-96521-194-0 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 535 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Liebesroman/Aktuelle Zeitgeschichte, Belletristik/Thriller/Verbrechen, Belletristik/Moderne Frauen, Belletristik/Familienleben, Belletristik/Verbrechen
Familienleben, Psychothriller, Moderne und zeitgenössische Belletristik, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Liebe und Beziehungen, Zeitgenössische Liebesromane, Generationenromane, Familiensagas, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Heranwachsen, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Tod, Trauer, Verlust
Arzt, Mord, Fahrerflucht, Großeltern, Morddrohung, Autounfall, Familienleben, Liebe, Kinder, DDR, Wende, Leningrad, Studium
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Nun, jetzt war sie froh, dass sie ohne die Erwachsenen ins Haus kam und noch ein wenig ungestört war. In der Diele stellte sie ihren Koffer und den Rucksack ab, dann öffnete sie die Tür zum Salon. Langsam trat sie ein, ging zum Ohrensessel des Großvaters, dann kniete sie nieder. Der Kopf fiel wie ein Stein auf die verschränkten Arme, die auf der Sitzfläche lagen. Katharina weinte kurz und heftig. Nach einer Weile tastete sie mit der rechten Hand nach einem Taschentuch. Großvater hatte immer ein sauberes für sie in der Ritze zwischen Rückenlehne und Sitzfläche versteckt. Endlich konnte das Mädchen es ertasten. Da war noch etwas, es knisterte. Das Mädchen hob den Kopf und sah, dass neben dem Taschentuch auch noch ein Briefumschlag aus dem Versteck hervorlugte. Rasch zog sie beides hervor. Selbst durch ihre tränennassen Augen konnte sie ihren Namen, der in Großvaters Krakelschrift auf dem Umschlag stand, erkennen. Gerade wollte das Mädchen ihn öffnen, da hörte sie ein Auto in die Einfahrt fahren. Kurze Zeit später knallten die Autotüren bereits und Stimmen waren zu hören. Ohne lange nachzudenken, versteckte das Mädchen den Brief in seinem Schlüpfer. Nach einem kurzen Blick in den Spiegel über dem Kamin, der ihm verriet, dass keine Spuren von Tränen mehr zu sehen waren, trat es aus dem Salon in die Diele.

Da standen schon der Vater mit René auf dem Arm, Carmen und die Großmutter.

Freudig jauchzte der kleine Bruder auf, als er seine Schwester erkannte. Hastig rannte das Mädchen auf ihn zu und begrüßte den Kleinen, den sie dem Vater aus dem Arm nahm. Voller Freude, ihn zu sehen, wirbelte Katharina mit ihm durch die Diele. Carmen bereitete jedoch der Wiedersehensfreude der Geschwister schnell ein Ende.

„Willst du uns nicht erst einmal begrüßen?“, keifte sie Katharina an. Diese sah die drei Erwachsenen jetzt trotzig an und fragte, statt zu begrüßen: „Wo ist Lina?“ Sie erhielt keine Antwort, deshalb fragte sie noch einmal. Wieder erhielt sie keine Antwort, da schrie das Mädchen ihre Frage ein drittes Mal. René begann nun erschrocken zu weinen. Das hatte das Mädchen natürlich nicht gewollt. Carmen kam mit dem schreienden Kind auf Katharina zu und es sah so aus, als würde sie dem Mädchen eine Ohrfeige geben wollen. Martin hielt sie davon ab.

„Lina“, begann er, „Lina ist verreist.“

„Wohin“, wollte Katharina nun wissen. Sie spürte es körperlich: Hier stimmte etwas nicht! Da schaltete sich erstmals die Großmutter ein: „Das geht dich gar nichts an. Geh in dein Zimmer, sonst …“

„Was sonst“, fragte Katharina nach. „Willst du mich wieder schlagen?“ Es war plötzlich still, sehr still.

Katharina ergriff nun ihr Gepäck. Die Bestimmtheit, mit der sie das tat, ließ die ganze Situation so wirken, als wolle sie sich nun für alle Zeiten verabschieden und alleine hinaus in die weite Welt ziehen, die nur halb so schlimm zu sein schien wie ihr Zuhause. Katharina trat ganz dicht vor den Vater und sah ihn wütend und traurig zugleich an. Als er ihr über den Kopf streicheln wollte, rückte sie von ihm ab.

„Ich will doch nur wissen, wo Lina ist. Ich will, dass sie nach Hause kommt!“

Martin Juncker blickte sich nun seinerseits verzweifelt und hilfesuchend zunächst zu seiner Frau und wenige Sekunden später zu seiner Mutter um. Beide Frauen kümmerten sich nicht um ihn, beide sahen voller Hass auf das Mädchen. Katharina interessierte das nicht, sie war auf ihren Vater fixiert und sie hatte sich vorgenommen, ihm nicht von der Seite zu weichen, bevor sie nicht die Antwort hatte, auf die sie wartete. Martin wurde es immer unangenehmer. Mit der Gleichgültigkeit der Frauen konnte er umgehen. Aber das Kind, seine Tochter …

Eine gefühlte Ewigkeit später sagte der Mann endlich: „In Ordnung, du sollst wissen, wo Lina ist …“

„Maaartiiin!“, schrie Carmen laut und schrill und Regina brüllte herrisch: „Junge!“

Katharina trat näher an ihren Vater heran. Sie ergriff zuerst seine Hand, dann schlang sie ihre beiden Kinderarme um den Vater.

„Papa, wo ist Lina?“ Martin war zu ergriffen, um die Zeichen, die Carmen und die Mutter ihm machten, zu registrieren.

„Wenn es dich glücklich macht, dann holen wir Lina noch heute aus dem Krankenhaus nach Hause“, rutschte es nun aus seinem Mund heraus. Kaum hatte er die Worte gesagt, da hing das Kind um seinen Hals und küsste ihn voller Dankbarkeit. Immer wieder sagte das Mädchen: „Oh, Papa, ich hab dich ganz doll lieb!“

Regina hatte als Erste die Fassung wieder gefunden. „Du Idiot!“, schrie sie den Sohn an und verschwand im Salon. Carmen folgte ihr mit dem kleinen René auf dem Arm.

Martin wusste, er hatte diesmal möglicherweise einen großen Fehler gemacht, aber ihm war auch klar, dass er dieses Risiko hatte eingehen müssen. Das würden Carmen und die Alte schon noch begreifen. Noch einmal drückte er seine Tochter fest an sich, dann forderte er sie auf, ihre Sachen hinaufzubringen, damit sie fahren könnten.

Das musste er nicht zweimal sagen. Wie ein Wirbelwind lief das Mädchen hinauf in ihr Zimmer, rasch wechselte sie noch die Kleidung. Was ist das? dachte sie gerade, da fiel der Briefumschlag auch schon auf den Teppich. Während von unten Geschrei und Gezeter zu hören waren, blickte sie sich suchend nach einem Versteck für die Nachricht des Großvaters um. Auf die Schnelle war in diesem Raum nichts zu finden, also steckte sie den Umschlag erneut in ihren Schlüpfer. Das schien der sicherste Ort zu sein!

Das Geschrei der Erwachsenen, das Weinen Renés – es schien nicht enden zu wollen. Langsam und sehr leise schlich Katharina zur Treppe und wollte lauschen. In diesem Augenblick wurde die Salontür weit geöffnet und Martin Juncker trat in die Diele. Von dort brüllte er in den gerade von ihm verlassenen Raum: „Ich habe das Sagen! Und wenn ihr beiden Weiber das nicht begreift, dann werde ich euch das Fürchten lehren!“ Während Katharina an ihre Zimmertür zurückging, war das Zuknallen der Salontür zu hören. Katharina warf nun ihrerseits die Tür zu ihrem Zimmer absichtlich laut zu. Als sie die Worte des Vaters hörte, hätte sie beinahe laut losgeprustet. Im Ferienlager hatten sie abends immer Geschichten und Märchen gelesen, auch das Märchen „Von einem, der auszog das Fürchten zu lernen“. Weiter daran denken konnte sie nicht, der Vater rief sie.

Sie fuhren in Richtung Dresden. Dann musste Katharina im Auto warten. Der Vater ging alleine zu einem Grundstück, klingelte und wartete, bis er von einer Frau abgeholt wurde. Nach etwa einer Stunde kam er zurück. Lina war bei ihm. Katharina erschrak, als sie die geliebte Lina erblickte. Verbotenerweise hatte das Mädchen die Autoscheibe etwas heruntergedreht, so konnte sie hören, wie der Vater sehr streng Lina beschwor: „Hältst du nicht den Mund, dann landest du auf Nimmerwiedersehen hier! Dann verrottest du hier!“

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