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Ein dickes Lob für Herbert Remmel, Liebe und Tod im Krieg sowie Märkische Landschaften - Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis
Achtung, bevor Sie weiterlesen noch ein wichtiger Hinweis: Ab April 2026 versendet EDITION digital diesen Newsletter sowie die aktuellen Pressemitteilungen nicht mehr per E-Mail. Diese Texte können Sie aber zumeist sogar eher selbst unter den Internet-Adressen https://edition-digital.de/Blog/ (bisheriger Newsletter) und https://edition-digital.de/Presse/ (Pressemitteilungen) finden. Probieren Sie es doch jetzt schon mal aus zum Eingewöhnen.
(Pinnow 24.10. 2025) Lassen wir den heutigen Newsletter mal mit einem dicken Lob beginnen! Dieses Lob gilt dem fünften und letzten der insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote dieses Newsletters, die sieben Tage lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop www.edition-digital.de (Freitag, 24.10. 2025 bis Freitag, 31.10. 2025) zu haben sind.
Auf Amazon hat ein Leser oder eine Leserin mit Nachnamen O´Sullivan im Sommer 2022 fünf von fünf möglichen Sternen vergeben und das Buch als Ausgesprochen vergnuegliche Lektuere bewertet. Weiter lesen wir dort:
Aus Koeln stammend und in Irland lebend, hatte ich mir Herrn Remmels autobiografisches Buch gekauft und grosses Vergnuegen daran.
Etwa ein Drittel des schmalen Bandes beschaeftigt sich mit des Autoren Koelner Kindheit zu Anfang der vierziger Jahre. Beschreibungen seiner Kindheitsabenteuer zu Kriegszeiten sind sympatisch und lebendig verfasst. Man kann sich nur vorstellen, wie fuerchterlich der Hintergrund dazu gewesen sein musste. Sehr amuesant die Stellen, an denen Dialog oder Aussagen in koelschem Dialekt zitiert werden.
Ab Seite 47 geht es dann Richtung Irland. Der Rest des Buches enttaeuscht nicht; Herrn Remmels warme, lustige und lebensnahe Schreibweise zieht den Leser nahezu in die Geschichte seines irischen Lebens hinein. Umso groesser der Schock, wie auch der Autor ihn empfunden haben muss, als er auf Bitten seiner Eltern den geplanten dreijaehrigen Aufenthalt in Irland vorzeitig abbrechen muss. Fuer den Leser kommt es besonders ploetzlich: Innerhalb von vier Seiten hat Herbert seine irische Familie verlassen und wird daheim in Koeln von seiner wirklichen Familie willkommen geheissen. Damit endet das Buechlein recht abrupt und man wird den Gedanken nicht los, wie sich der Junge wohl wieder in seiner Heimat eingelebt hat.
Ein rundherum gelungenes Werk, dem man gerne einige Fehler nachsieht, einfach deshalb, weil Autor und autobiografische Erinnerungen so sympatisch sind.
Gemeint ist das E-Book Von Köln nach Ballinlough. Eine deutsch-irische Nachkriegskindheit von Herbert Remmel, das erstmals 2006 im Eigenverlag und 2009 in englischer Sprache erschienen war.
Nahezu über Nacht gelangte der neunjährige Kölner Herbert Remmel aus seiner total zerbombten und hungernden Heimatstadt in das von Neonlichtern glitzernde Dublin mit seinen überquellenden Geschäften, seinen unzerstörten Häusern und seinem prallen Leben. Das Irische Rote Kreuz hatte 1946 die Kinderhilfsaktion Operation Shamrock ins Leben gerufen, in deren Ergebnis der junge Kölner das Glück hatte, von einer Dubliner Familie für kurze Zeit aufgenommen zu werden, während der er die irische Hauptstadt nahezu wie seine Hosentasche kennenlernte. Zwei Jahre jedoch verbrachte er auf einer kleinen Farm im Westen der Insel fernab von städtischer Zivilisation ohne elektrischen Strom und fließendes Wasser. Hier wurde er als German boy schnell integriert, ging zur Schule, spielte Irish football, kutschierte mit Pferd und Esel, ging mit seinem Farmer ins Moor Torf stechen, half bei der Heu- und Kartoffelernte und war zum Fair Day auf dem Viehmarkt. Kurzum: Er war so sehr in dieses kleine Milieu irischer Bauern integriert, dass ein Wissenschaftler der Universiät Cork seinem Essay über diesen Deutschen den Titel The half-Irish Herbert Remmel gab.
Über seine irische Biografie hat der Autor 2006 ein Büchlein geschrieben, das bei EDITION digital zum 70. Jahrestag der Operation Shamrock, in der zweiten Auflage erschienen war. 2009 war das ins Englische übersetzte Buch in Irland ein großer Erfolg. Die IrishTimes schrieb: Das Buch ist ein so wertvoller Schatz von Details des ländlichen irischen Lebens, dass man sich wünschte, mehr Deutsche kämen zu uns, um über uns zu schreiben. Das ist noch ein weiteres dickes Lob für Herbert Remmel und sein lesenswertes Buch.
Dem irischen Teil seiner Biografie vorangesetzt hat der Autor seine Kindheit im Kriege bis zu dessen Ende, das er in der Evakuierung in Sachsen-Anhalt erlebte.
Erstmals 1983 veröffentlichte Max Walter Schulz im Verlag Neues Leben Berlin den Novellen-Band Auf Liebe stand Tod. Er enthält drei Novellen über deutsche Soldaten im Zweiten Weltkrieg und ihre sich allmählich ändernde Einstellung zu den Menschen in dem Land, das sie überfallen haben. Ihre Liebe zu einer sowjetischen Frau spielt dabei keine unwesentliche Rolle.
Ljuba ist tot. Dass Hellriegel es durch Gitta, seine geschiedene Frau, erfährt, hat Ljuba selbst so gewollt. Und auch, dass er nach Moskau zu ihrem Begräbnis kommt, wo er Andrej, ihrem und seinem Sohn, begegnen wird.
Drei Jahrzehnte sind vergangen. Doch was im Jahr 1944 an der bjelorussischen Front mit Hellriegel und Ljuba geschah, rückt plötzlich wieder sehr nah. Ein Tag, fast schon Legende, kettete sie auf Tod und Leben aneinander, zwang sie gemeinsam zum Widerstand, erzwang ihre Kraft, Trennendes zu überwinden.
Mich interessiert die Möglichkeit des Menschseins mitten im Hass, sagt Max Walter Schulz. In seiner neuen Novelle gestaltet er die ungewöhnliche Liebe zwischen einer sowjetischen Fliegerin und einem einstigen faschistischen Soldaten, der sein Vaterland verliert und sich selber gewinnt.
Welcher Anstrengung bedarf es für Gitta, die Bedeutung jenes einzigen fernen Tages im Leben Hellriegels zu verstehen, und welch langen Weges bedarf es für ihn, sich ganz zu befreien?
Tief in der Steppe, mitten im Zweiten Weltkrieg, begibt sich eine außergewöhnliche Geschichte: Der Soldat Röder, der als Gefangener mit einem Kommando die gefallenen Soldaten begräbt, wird von dieser Gruppe getrennt, und er findet sich wieder allein in der Nähe eines Dorfes, nunmehr als Gefangener von Frauen, die beginnen, ihre Häuser und Höfe wieder aufzubauen. Was erwartet ihn, was kann er erwarten? Er erwartet Hass und erfährt zunächst Hass. Aber im Verlauf des Geschehens verwandelt sich der Hass, und auch er selbst gewinnt neue Erfahrungen, und er wird nicht nur überleben, sondern eigentlich erst wirklich zu leben beginnen.
Erstmals 1980 veröffentlichte Gerhard Dallmann bei der Evangelischen Verlagsanstalt GmbH Berlin sein Kinderbuch Die Sommerkinder von Ralswiek: Evelyn und Borstel, die beiden wribbligen Elfjährigen, sind zuerst verzankt, dann aber bald auf gemeinsame Abenteuer aus. Evelyn liebt ihr Pferd Atlanta, sie ist eine tüchtige Reiterin. Borstel, sehr nachdenklich, liebt die Vogelwelt. Eine gefahrvolle Kletterpartie am Steilufer auf der Suche nach den Uferschwalben hat ihre Folgen.
Dann ist da noch der liebe alte Opa Wedemeier, der Herr Büchner mit seinen Studenten, da ist die in dauernder Angst schwebende Tante Doris Stirnbach.
Die tolle Sache mit der Höhle und der Riesenfledermaus ist genauso schrecklich spannend wie das Gniedeln. Wissen Sie, was Gniedeln ist? Psst! Heimlichkeit!
Der Ort, wo die beiden ihre Streiche spielen, ist die Stätte der heutigen Störtebeker-Festspiele auf der Insel Rügen. Wer die Geschichte von Evelyn und Borstel gelesen hat, wird dort alles sehen können: Das Schloss, die drei Schwarzpappeln, die Kirche, die Höhle, das heute leider abgebrannte Hexenhaus und die Försterei Augustenhof.
Das Buch liest sich spannend bis zum letzten Satz.
Erstmals 1985 erschien im Aufbau-Verlag Berlin und Weimar Backsteintor und Spreewaldkahn. Märkische Landschaften von Uwe Berger. In seinen literarischen Miniaturen erzählt der Autor von Städten, Seen und Wäldern der Mark Brandenburg, von den Bewohnern und ihrer Historie, beschreibt die Gegenwart und blickt in die Zukunft. In seiner verhaltenen Art schildert er Landschaften und Charaktere im Sinne des Mottos, das er der Sammlung voranstellt: Am Ende ist es doch so, dass das Stückchen Erde, auf dem ich hier stehe, und der Raum, der sich heut über mir wölbt, so unerhört sind wie alles Ferne, Vergangene und Zukünftige.
Indem der Autor mit eigenwilligen und wachen Augen sieht, Anteil am Lebendigen nimmt, wo er es findet, setzt er eine Tradition fort, die mit dem Namen Theodor Fontane verbunden ist.
Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Heute haben wir es mit zwei mit zwei sehr gebräuchlichen Abkürzungen aus dunkler Zeit zu tun.
Aus dem Jahre 1942 stammt die Erzählung Vom U. K. zum H. K. von Friedrich Wolf. Die Geschichte von Willi, einem Arbeiter in den Berliner Siemens-Schuckert-Werken, der vom kriegswichtigen Status (u. k. wie unabkömmlich) zur Ostfront geschickt wird. In einem bitteren Dialog mit seinem Kollegen Paul werden die Schrecken des Krieges und der Zynismus des militärischen Apparats entlarvt. In dieser kurzen, aber eindringlichen Erzählung von 1942 wird das Schicksal einfacher Arbeiter im Krieg beleuchtet - eine Mahnung an die Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten. Pauls Warnung vor dem Himmelfahrtskommando (H. K.) lässt den Leser nachdenklich zurück.
Hier der Einstieg in diese Erzählung, in der Paul und Willi miteinander reden:
Mein Gott, Willi, wie siehst du denn aus, alter Junge? Also auch schon fertig gemacht, ich meine natürlich reisefertig! Schön siehst du aus in der neuen Uniform, frisch wie von der Stange, der reinste Kreuzritter nee, nee, Spaß beiseite, ich meine das nicht wegen dem Stück Eisen im Kreuz, das kommt ja da draußen von ganz alleine, ich meine, weil du an dem Kreuzzug im Osten jetzt teilnehmen darfst: Willi aus den Siemens-Schuckert-Werken oder der jüngste Kreuzritter!
Sag mal, Willi, du warst doch eigentlich als Eisendreher in eurer Abteilung u. k., hochgradig unabkömmlich die ganzen Kriegsjahre, und jetzt haben sie auch dich geangelt? Muss ja ein ziemlicher Materialmangel da auf den Schlachtfeldern im Osten sein, an Menschenmaterial, dass sie hier daheim schon den eisernen Bestand angreifen. Oder hast du dir hier vielleicht die Schnauze verbrannt, Willi? Bist doch sonst so n stilles Wässerchen! Nichts passiert, gar nichts konnt ich mir auch nicht denken.
In der Leseprobe aus Von Köln nach Ballinlough. Eine deutsch-irische Nachkriegskindheit von Herbert Remmel tauchen wir mitten hinein in das raue, aber faszinierende Alltagsleben im ländlichen Irland der späten 1940er Jahre. Mit wachem Blick und humorvoller Offenheit schildert der Autor seine ersten Eindrücke auf der Farm der Familie Nally zwischen Kuhstall, Torfpyramide und Regenwasserfass. Was für viele nach Entbehrung klingt, wird für ihn zum Beginn eines großen Abenteuers.
Am nächsten Morgen wurde mir von Eugene erst einmal das zivilisatorische Niveau meiner neuen Heimstatt klar gemacht, als ich nach dem stillen Örtchen fragte. »Also, Herbert, jetzt im Winter kannst du, wenn du willst, fürs große Geschäft in den Kuhstall gehen. Du kannst dich aber auch behind the ditch, also hinter die Hecke verkrümeln, das ist sozusagen unsere Sommertoilette, die aber auch im Winter funktioniert.« Als ich mein kleines Geschäft an anderer Stelle erledigt hatte und meine Morgentoilette beginnen wollte, suchte ich den Wasserhahn. »Also Herbert, du kannst dir die Waschschüssel hier aus dem Eimer mit dem Quellwasser füllen. Dann aber musst du dafür sorgen, dass der Eimer wieder gefüllt wird, also zur Quelle gehen. Den Weg dorthin zeige ich dir noch. Du kannst aber auch das Waschwasser aus dem Regenwasserbassin am Giebel des Hauses holen, das füllt sich ja von selbst wieder.« Dass ich es nach dem Ende der Kälteperiode vorzog, meine beileibe nicht immer gründliche Körperpflege unter allen Wetter- und Unwetterbedingungen draußen am Regenwasser-Auffangbecken durchzuführen, sei nur deshalb erwähnt, weil ich wohl aufgrund dieser Abhärtungstour nicht ein einziges Mal hier in Irland unter irgendwelchen Erkältungen zu leiden hatte. Kurzum: Nicht nur im County Mayo des Jahres 1947 gab es auf dem Lande keine Elektrizität, kein fließendes Wasser und, soweit ich das überblicken konnte, in der Regel auch keine Toiletten, nicht mal ein Plumpsklo habe ich irgendwo gesehen. Und - das gefiel mir!
Nach dem Frühstück, Eugene war nach dem Melken mit dem Fahrrad irgendwohin verschwunden, forderte mich Mae auf, mich umzusehen. Das weiß getünchte Haus, das ich abends zuvor im Scheinwerferlicht des Autos gesehen hatte, entpuppte sich als the Old House, als das alte, aus Feldsteinen errichtete niedrige Haus, in dem die Nallys wohnten, bevor das jetzige Wohnhaus gebaut worden war. Der ehemalige Wohnraum war jetzt Futterküche. Ein mächtiger, total verrußter Kamin mit dem bekannten Galgen, an dem ein gusseiserner Kugeltopf von einer bis dahin nie gesehenen Größe hing, in welchem die Kartoffeln fürs Schweinefutter gekocht wurden. In einer Ecke bildeten schmale, halb hohe Betonmauern ein kleines Gehege, in das die Milchkälbchen kamen. Eine Halbtür führte in den Hof. Dort nahm eine an drei Seiten von niedrigen Betonmauern eingefasste Dunggrube den meisten Platz ein.
Rechtwinklig zum Old House ein Stallgebäude, der Kuhstall. Darin standen die alte Kuh (irische Bauern geben ihrem Hornvieh in der Regel keine Namen), eine jüngere Kuh, eine tragende Färse und - ein ebenfalls namen- und zudem noch hodenloser Esel, der sich vorerst als sturer und eigensinniger Kotzbrocken entpuppen sollte, der mich anfänglich permanent zur Weißglut trieb. Im Winkel zwischen diesem Stall und dem Old House, in dessen ehemaligen Schlafzimmer jetzt ein Schweinestall eingerichtet war, grunzte eine Sau bei ihren Ferkeln. Am anderen Ende des Old House noch ein Stall: sechs Ochsen, drei links, drei rechts angebunden. Der Schuppen mit dem Großen Tor erwies sich im vorderen Drittel als »Remise« für eine schöne kleine Ponykutsche, der ich jedoch mangels Pony nur den Esel vorspannen konnte, wenn ich Granny sonntags zur Kirche kutschierte. In dem hinteren Zweidrittel dieses Schuppens der fensterlose Pferdestall. Der war so eng, dass der Gaul nur rückwärts zur Tür raus konnte. Der Gaul war ein kräftiger, gut im Futter stehender Wallach namens Charly - Pferde haben in Irland Namen - der mir viel Freude bereiten sollte. Bleiben noch der Hühnerstall, der zwischen Old House und Schuppen eingeklemmt war und die Wellblech-Scheune seitlich hinter dem Kuhstall im Garten, deren Gerüst aus ausgedienten Eisenbahnschienen bestand. Weil das Wellblech, das übrigens auch alle soeben beschriebenen Gebäude deckte, verzinkt war, sprach man stets von Galvanized Sheds, von galvanisierten Scheunen, die in den 1920er und 1930er Jahre in Irland wie Pilze aus der Erde geschossen sein mussten. Sie gab und gibt es noch überall im Lande. Unbedingt erwähnt werden muss noch die Torfpyramide (turf reek) vor dem Wohnhaus auf der gegenüberliegenden Seite des Weges. Hier lagerte, kunstvoll aus Torfsoden zu einer länglichen Pyramide »aufgemauert«, der Heizvorrat für den Winter und Kochmaterial für den Sommer. Die Tage im Torfmoor (the bog, auch peat bog), an denen der Torf gestochen und geborgen wird, werden mit zu den schönsten zählen, die ich in Irland erlebt habe.
Nallys Farm umfasst etwa 20 Acre (ca 8 Hektar), eine Streifenflur, deren Felder sich vor und hinter dem Haus erstrecken, vergleichbar mit den Hagenhufen in Mecklenburg. Hinzu kommt noch ein Stück »Bog Land«, ein ausgetorftes Stück Torfmoor etwa einen Kilometer abseits, und weiter entfernt noch Pachtland von etwa 6 Acre, »Black Jacks« genannt. Die Farm eines irischen Kleinbauern ist etwa vergleichbar mit den Büdnereien in Mecklenburg. Dörfer gibt es nicht, jeder Bauer wohnt auf seiner Scholle. Die Farmen reihen sich wie auf einer Perlenschnur, jedoch in unterschiedlichen Abständen, entlang des jeweiligen Landweges, deren schmälste Bordeen genannt werden. Eine solche mehr oder weniger zusammenhängende Ansiedlung nennt sich »Village«. Meine Village war Ballinlough, (gälisch/irisch: Baile an Locha = Siedlung am See). In der Postadresse erscheint noch Balla, ein kleines nahebei befindliches Städtchen, das zusammen mit den entfernter liegenden Städtchen Claremorris und Kiltimagh ein Dreieck bildet, in dessen Mitte sich unsere Village befand.
Das alles war also mein künftiges Reich - meine Farm! Toll, einfach toll. Ich konnte es wieder mal nicht fassen, ich war überwältigt. Zur Hölle mit dem Spruch »Zur Hölle oder nach Mayo«. Mayo ist mein Paradies!
In der Leseprobe aus Auf Liebe stand Tod von Max Walter Schulz treffen wir mitten in einen Moment voller Anspannung, in dem sich Naturidylle und tödliche Gefahr unbarmherzig überlagern. Was mit einem Streifzug durch den Wald beginnt, verwandelt sich jäh in ein beklemmendes Kriegsdrama ein Spiel auf Leben und Tod, in dem Vertrauen und Instinkt über das Schicksal entscheiden.
Ich hielt mich seitlich hinter ihr. Wie beim Pilzesammeln. Die ersten Täublinge tellerten in der Nadelstreu. Nach der zweiten weg- und steglosen Stunde stießen wir auf eine Erdhütte. Wild oder Wind oder Regen hatte Löcher in ihr Heudach gefressen. Im Innern nichts als faulendes Laub und eine verrostete Kabeltrommel, der Nachlass eines Telefons. Ljuba hatte nur einen flüchtigen Blick durchs zerlöcherte Dach geworfen. Sie ging ohne Zaudern und Zögern. Sie ging einfach ihrer Nase nach. Sie ging, als wäre der weglose, steglose, hüglige Wald mit Pfeilen Richtung Heimat ausgeschildert. - Ihrer Heimat. Manchmal war mir, als hörte ich dürre Zweige knacken. Nicht unter ihrem Fuß, nicht unter meinem. Immer hinter mir. Der Wald ist eine Flüstertüte. Schon wieder. Ich dachte, es könnte ein Wolf sein. In den russischen Wäldern sollte es noch Wölfe geben. Gesehen hatte ich nie einen. Und wenn es hier Wölfe gab - hier war kein Kampfgebiet -, im Sommer sind die Wölfe satt. Ein Eichelhäher schrie. Er hatte auf unserem Weg schon oft geschrien. Eichelhäher schrein, wenn Leute durch den Wald gehn. Sie warnen das Getier. Werden wir sehen, werden wir leben. Einer von Vaters vielen Sprüchen. Also wollen wir mal sehen. Ich verhielt. Nichts. Keinen Laut. Aber grade eben hatte ich's doch erneut gehört. Das Knacken von dürren Reisern hinter mir. Wölfe sind gewieft. Der Wolf, der dich beschleicht, steht und duckt sich, wenn du stehen bleibst. Aber Wolf bleibt Wolf. Er hechelt. Mein Vater, der selber kein Waldmensch war, hatte mir weisgemacht, man müsste sich mit dem Rücken an einen gesunden Baum lehnen, wenn man im Wald ein feines Geräusch ausmachen will. Da hätte man die Resonanz des Holzes als Verstärker. Mein Vater übernahm sich auch mit seinen Weisheiten. Trotzdem setzte ich mich zwischen die Läuferwurzeln einer gesunden Fichte. Den Rücken am Stamm, die MPi, einstens dem Fahrer gehörig, schussbereit auf den Knien. Die schwarze Haube hatte ich längst weggeworfen. Wollte nicht vom Hals an aufwärts für einen Russen gehalten werden. Das feine Geräusch, das ich ausmachte, kam von den Schritten des Mädchens. Sie schaute sich nach mir um. Weil sie meine Schritte nicht mehr hörte. Sie sah mich sitzen. Ich sah, es gefiel ihr nicht, überhaupt nicht. Einen Augenblick wartete sie auf mich. Ich rührte mich nicht. Gehorsam aufstehen, weil ihre Blicke mich straften? Beinahe hätte ich ihr was gepfiffen: Ich bin ein freier Wildbretschütz und hab' ein weit Revier... Beinahe. Schubberte aber doch lieber das Kreuz an Borke und Stamm. Besser das Allerfeinste hören als pfeifen: ihre Gedanken, ihre Scheltworte. Vielleicht schwang in ihren Scheltworten noch der letzte Ton von jener ungeheuer vergangenen, großen, fröhlichen Gelassenheit. Von dem, was uns so findig und so entschlossen gemacht hatte.
Reiß dich zusammen! schrie der Fichtenstamm. Keinen Ton gab der Fichtenstamm von sich. Eine Maschinenpistole belferte. Ljuba schrie. Schrie gellend. Es riss ihr die Ellbogen hoch. Sie stürzte nieder. Vornüber. Erst jetzt schrie der Fichtenstamm. Schrie unter der Kugelpeitsche, die ihn traf. Ein Tod, ein Teufel im Tarnanzug mit schwarzer Haube schlug mit der Kugelpeitsche zu. Beim Schlag der ersten Kugel war ich schon zur Seite gerollt. In Decke hinter einem andern Fichtenstamm. Eins lehrt der Krieg die aus Lebensangst Gelehrigen, wenn sie Glück haben: Die Dauer einer einzigen Sekunde, ein Mauseloch der Zeit in eine Schutzburg zu verwandeln. Werden wir sehen, werden wir leben. Werden wir leben, werden wir sehen. Ich sah und erkannte das Totenkopfgesicht des großen Denkers. Ich hörte ihn brüllen: "Komm raus, du krummes Geficke! Stirb wenigstens wie ein entlaufner Hund! Oder wir lassen dich deine Klöten fressen!" Er bluffte. Wollte mich glauben machen, ich wäre umstellt. Wäre ich umstellt gewesen, wäre ich längst erledigt. Ich regte mich nicht. Er konnte nicht mit Bestimmtheit wissen, ob er mich getroffen oder nicht getroffen hatte. Er bluffte weiter. "Hierher, Kameraden!", brüllte er. Ach, mein Mädchen. Wer hat uns nur das Märchen erzählt vom Rotkäppchen und dem Wolf... Hörst du mich nicht mehr... Kannst du mich nicht mehr hören... Mit heiserer Stimme schrie ich hinüber zum großen Wolf: "Ich kann nicht mehr." Er schoss aus der Deckung auf mich. Eine Kugel durchschlug meine Gasmaskenbüchse. Wozu schleppte ich eigentlich die Gasmaskenbüchse mit mir herum? Ich hörte, wie er das Magazin wechselte. Er musste also auch den Schlag der Kugel gegen meine Gasmaskenbüchse gehört haben. Nein, während er feuerte, konnte er das nicht gehört haben. Konnte es höchstens gesehen haben. Glaubte jetzt wahrscheinlich an einen Blattschuss in die Niere. Denn er zeigte sich. Ich wartete, bis er sich ganz zeigte. Ganz, ein wenig geduckt, schussbereit.
In der Leseprobe aus Die Sommerkinder von Ralswiek von Gerhard Dallmann geraten Borstel und Evelyn in ein spannendes Abenteuer unter der Erde. Was als neugierige Erkundung einer Höhle beginnt, verwandelt sich rasch in ein gefährliches Spiel mit Dunkelheit, Einsturzgefahr und Nervenkitzel ein packender Moment, der den Entdeckergeist und Mut der Kinder auf die Probe stellt.
Zwei Uhr.
Borstel hockte bereits in Wolljacke und langer Hose am Eingang der Höhle. Gedankenverloren spielte er mit seiner Taschenlampe, an-aus, an-aus, und wartete auf Evelyn.
Da hörte er das Pferd stampfen. "Mensch! Warum hast du die Atlanta mitgebracht. Bring die sofort zurück! Wenn die uns nun verrät?"
"Ich musste doch. Ich brauchte doch einen Grund, verstehst du nicht?"
"Ja so, aber doof ist das doch."
Nun, es blieb dabei, Atlanta war eben da. Evelyn band sie an einem angeknickten Ast der gestürzten Weißtanne fest. Büsche standen zur Genüge in der großen Kuhle, an denen konnte sie rupfen. Als Evelyn dann in die Höhle kroch, blickte ihr das Tier mit großen Augen aufmerksam nach.
"Und nun?" fragte Evelyn und hockte sich neben Borstel.
Der winkte mit dem Arm: "Los, alle Klamotten nehmen und mir nach!" Im Schein der Lampe schlich er gebückt voran.
Evelyn trug alle Geräte samt Stullenbeutel hinter ihm her. "Wozu hab ich eigentlich das Seil mitgeschleppt? Das verheddert sich bloß dauernd."
"Damit wir besser zurückfinden, wenn das Licht ausgeht. Zum Langtasten. Oder zum Abseilen."
"Aha!"
So ein Junge hat doch Ahnung. Das gestand sie ihm zu. Rekognoszieren, ja das lernte sie nun. Das mit dem Gniedeln hat ja auch prima geklappt. Und wenn die Sache mit dem Schatz stimmt - Borstel ist Klasse.
...
Nun war auch der helle Fleck hinter ihnen endgültig durch eine Krümmung im Gang verschwunden.
Borstel schlug vor: "Eigentlich müssten wir jetzt die Leine ansetzen, sonst finden wir nicht zurück."
"Warum?" fragte Evelyn. "Wir brauchen doch nachher nur geradeaus zu gehen. Dann finden wir den Ausgang immer. Hier gibt's doch keine Weiche."
Das leuchtete Borstel ein. Weiter ging's, Schritt für Schritt, Borstel voran, Evelyn ihm gehorsam nach. Mit einemmal hielt er an und suchte mit dem Lampenlicht die Wände ab. "Du! Das ist keine Naturhöhle. Das ist ein künstlicher Gang. Ein richtiger Schacht. Den hat bestimmt mal einer gebaut. Hier mit Balken und so. Vielleicht ist das ein Gang zu einem Kerker oder einem Verlies. Wer weiß! Wie spät hast du's?"
...
"Ist das spannend!" hauchte sie und scheute sich, jetzt laut zu reden. Aber schütteln musste sie sich wieder, denn ihr wurde kalt an Bauch und Rücken. Von den Wurzelenden tropfte das Regenwasser, das durch den Berg gesickert war, und durchfeuchtete ihre Kleider. Jetzt hätte sie einschlafen können. Schließlich rafften sie sich auf.
Irgendwann fiel der Lichtschein auf eine morsche Stelle im Gebälk. Dort hatte sich die auf dicken Stützpfeilern lastende Decke gefährlich nach unten durchgebogen. Borstel aber sah darüber hinweg und kroch mutig auf allen vieren durch diese Einengung hindurch, freilich hütete er sich, oben anzustoßen. Dabei rief er nach hinten: "Pass auf, hier wird' s niedrig!" Aber er fragte nicht danach, wie das Mädchen mit seinen Siebensachen diese Passage bezwingen würde.
Ihr fiel das nicht leicht, auf Händen und Füßen zu kriechen und dabei Tasche, Spaten, Seil und was nicht alles mit sich durch das Loch zu befördern. Sie zog und schob und stöhnte, und der Stullenbeutel, der ihr am Hals baumelte, verfitzte sich dauernd mit der Leine und dem Schippenstiel, und sie spürte schließlich, wie sich die Leine abwickelte; sie konnte sie gerade noch an einem Ende erwischen, und in großen, lockeren Schlingen rollte sie hinter ihr ab.
Einmal fragte Borstel: "Merkst du, dass es bergauf geht? Ob wir schon unter dem Schloss sind?"
"Die Leine rollt mir ab. Ist das schlimm?"
"Nein", sagte Borstel. "Aber immer das eine Ende fest in der Hand halten, ja?"
Evelyn biss sich auf die Lippe vor Spannung: "Hab ich ja!" Und nach einer Weile: "Du, ich finde das doch prima, was wir hier machen."
"Still, nicht reden jetzt! Wir müssen immer hinhören."
"Worauf?"
"Auf alles, auf Knacken im Gebälk und so. Jedes Geräusch ist wichtig."
"Wie alt mag der Gang sein? Hundert?"
"Länger, bestimmt! Zweihundert oder so."
"Ob die Wikinger den gebaut haben?"
"Die waren doch Seefahrer. Die bestimmt nicht. Oder - man kann nie wissen."
...
Evelyn hatte mit der Leine zu tun. Als sie aber nur noch das Ende in der Hand hatte, sagte sie es. "Was nun?"
"Zieh es hinter dir her!"
Evelyn zog, aber sie merkte einen Widerstand. Irgendwo hakte die Leine fest. Sie ruckte, einmal, zweimal, ohne Ergebnis. Borstel murmelte etwas von Wurzelverhakung und Wegkrümmung, sagte "Hau-ruck I" und "Zu-gleich!" und "MehrI" und "Noch kräftiger I" - bis die Leine mit einem Ruck nachgab, dem Jungen die Lampe aus der Hand fiel und verlosch.
Weiter hinten aber im Gang polterte es, schüttete und brach es - und dann wurde es still.
Borstel grabbelte nach der Lampe, indem er mit den Händen flach auf den Boden patschte. Entsetzt sah er Evelyn an: "Hast du gehört?"
"Ja, was war das?"
"Ich glaube, wir sind verschüttet. Das klang so."
Evelyn legte die Hand vor den offenen Mund: "Dann sind wir eingeschlossen? Das ist aber spannend!"
"Ach du immer mit deinem spannend. Das ist ganz großer Mist! Wie wollen wir denn wieder rauskommen?"
...
"Wir müssen hier raus! Bloß wie, wie!" Auch er heulte fast.
"Durchschippen?" fragte Evelyn.
"Wie spät?"
"Dreiviertel vier."
"Müssen wir uns merken. Los, wir schippen! Erst ich, dann du."
Aber beim Schippen rutschte immer mehr Erdreich nach. Und die Lampe verlor an Kraft.
In der Leseprobe aus Backsteintor und Spreewaldkahn. Märkische Landschaften von Uwe Berger verbinden sich persönliche Erinnerungen mit einer eindringlichen Landschaftsschilderung. Zwischen Kiesgrube, Kiefernwald und Kriegsnächten entsteht das leise, unsichere Gefühl einer ersten Nähe ein zarter Moment inmitten der Härte der Zeit, geprägt von Angst, Sehnsucht und dem Duft märkischer Wälder.
Das Mädchen vom Möllensee
Östlich des Möllensees, bei Erkner, liegt eine Kiesgrube, die mit durchsichtigem Wasser gefüllt ist. Auf der Lichtung im Kiefernwald zwischen der Kiesgrube und dem Möllensee war während des zweiten Weltkriegs eine Flakbatterie eingegraben. Fast noch ein Kind, stürzte ich mich hier bei nächtlichen Fliegerangriffen in eine verhasste Uniform. Hier sah ich den Himmel nachts sich röten und tags sich schwärzen von den Bränden der Stadt. Und hier sangen sowjetische Kriegsgefangene ihre Lieder, die den versteinten Wald zum Leben erweckten.
An einem Herbstabend ging ich mit einem Mädchen den Weg von der Kiesgrube zum Möllensee. Vielleicht war sie vierzehn, ich war fünfzehn. Wir gingen schweigend und verlegen, wir wussten uns nicht viel zu sagen. Als uns im Mondlicht ein Unteroffizier entgegenkam, erstarrten wir vor Schreck, denn ich hatte mich unerlaubt entfernt. Doch jener offenbar auch. Er kam vom Zeltplatz am Möllensee und zischte bloß wütend im Vorbeigehen: Jetzt wird's verrückt, jetzt fangen die Kinder schon an!"
Der Zynismus des Menschen stieß mich ab, und durch die Abscheu verlor ich meine Verlegenheit. Hatte ich bis dahin nur krampfhaft überlegt, ob ich das Mädchen küssen dürfe, ohne sie zu fragen, wusste ich nun auf einmal, was ich sollte. Ich legte ihr den Arm auf die Schulter und streichelte ihr Haar. Sie war kleiner als ich, hatte ein breites, etwas zugespitztes Gesicht mit einem schönen Mund und sah mich von unten herauf an. Vertrauensvoll nahm sie hin, was ich tat, und ich tat nichts weiter, hätte auch nichts weiter tun können, aber wusste nun, dass es richtig sei.
Finster standen die Kiefern, dufteten und rauschten. Über dem Graben, der die Kiesgrube mit dem Möllensee verbindet, verzweigte sich der Wald. Hier und da warf der Mond ein blinkendes Licht auf die Schwärze des Wassers. Den Brandhimmel sahen wir von drinnen nicht.
Noch einmal trafen wir uns nach dem Ende des Krieges in den Ruinen um den Alexanderplatz, wo sie mit ihrer Mutter wohnte. Wir besuchten ein winziges Kino und sahen den sowjetischen Film über Gorkis Buch Meine Kindheit. Als ich sie durch dunkle Trümmergassen nach Haus brachte, legte ich ihr wieder nur den Arm auf die Schulter und streichelte ihr Haar.
Nicht einmal ihren Namen habe ich behalten.
Was ist eigentlich ein Himmelfahrtskommando, das im Titel der heute vorgestellten Erzählung von Friedrich Wolf in der Abkürzung H.K. auftaucht?
Erste Aufklärung verschafft ein Blick ins Internet-Lexikon Wikipedia, wo es so definiert wird: Himmelfahrtskommando auch Kamikaze-Befehl genannt ist ein dem militärischen Jargon entstammender Begriff, der einen besonders gefährlichen Auftrag bezeichnet, dessen Ausführung mit hoher Wahrscheinlichkeit und nur im Ausnahmefall gewollt zum Tod, zur Fahrt in den Himmel, also ins Jenseits, des Ausführenden führt.
Die analogen englischen Begriffe lauten suicide mission (= Selbstmordauftrag), glory-or-grave-job (Ruhm-oder-Grab-Auftrag) oder suicide squad (= Selbstmordkommando, wörtlich: Selbstmordtrupp). Der Begriff fand Eingang in die zivile Umgangssprache, in der er allgemein für eine unangenehme und aussichtslose Aufgabe verwendet wird, die im Wissen um das fast sicher bevorstehende Scheitern dennoch erledigt werden muss.
Zur Begriffsgeschichte heißt es dort weiter: Der Begriff Himmelfahrtskommando ist seit etwa Anfang des 20. Jahrhunderts schriftlich nachgewiesen. Ein Kriegsberichterstatter berichtete beispielsweise am 14. Oktober 1917 über Minen-Sucher, die man das Himmelfahrtskommando nennt und die bei der Eroberung von Ösel im Rahmen des Unternehmens Albion eingesetzt wurden.
Herbert A. Werner, ehemaliger Kommandant von U 415, veröffentlichte im Jahr 1969 unter dem Titel Die Eisernen Särge einen Erlebnisbericht, in dem er einen von Karl Dönitz im Jahre 1944 erlassenen Befehl explizit einen Kamikaze Befehl nennt.
Außerdem listet Wikipedia einige Beispiele für derartige Himmelfahrtskommandos auf: Im Zeitalter der Napoleonischen Kriege wurde bei der Belagerung von Festungen eine Bresche in die Mauer geschossen oder gesprengt. Diese Bresche war oft vermint, mit anderen Fallen versehen und allgemein erbittert verteidigt. Die Angreifer stellten aus Freiwilligen ein Himmelfahrtskommando auf. Diese Männer stürmten als Erste über den schwer begehbaren Mauerdurchbruch und hatten deshalb sehr viele Tote zu beklagen. Überlebende Offiziere eines solchen Himmelfahrtskommandos wurden sofort befördert, Soldaten ausgezeichnet und mit zusätzlichen Soldzahlungen belohnt.
Andere Beispiele für Kriegseinsätze mit notorisch hohen Verlustraten, die oft als Himmelfahrtskommandos bezeichnet werden, sind Flugzeugeinsätze im Ersten Weltkrieg oder der U-Boot-Krieg im Zweiten Weltkrieg (beispielsweise erlitten die U-Boot-Mannschaften der deutschen Kriegsmarine oder der US-Marine die höchsten Verlustraten der jeweiligen Streitkräfte).
Für Himmelfahrtskommandos (wie Bombenentschärfung) wurden im Zweiten Weltkrieg auch KZ-Häftlinge eingesetzt.
Für die von Russland angewandten Taktiken im russischen Überfall auf die Ukraine wurde der Begriff Himmelfahrtskommando auch im 21. Jahrhundert verwendet. Laut ISW seien für Präsident Putin 50 Tote pro gewonnenen Quadratkilometer gut verkraftbar gewesen. Der russische Name für Angriffe mit einkalkulierten vielen Toten lautet Fleischangriff.
Zu unterscheiden vom Himmelfahrtskommando sind Selbstmordangriffe wie etwa die Kamikaze-Angriffe japanischer Flieger im Zweiten Weltkrieg. Sie endeten gewollt tödlich, und bei erfolgreicher Durchführung des Auftrages starben die Piloten nicht durch Feindeinwirkung, sondern von eigener Hand. Umgangssprachlich werden auch Selbstmordattentate manchmal als Himmelfahrtskommandos bezeichnet.
Der Wortbestandteil -kommando in dem Begriff Himmelsfahrtkommando stammt übrigens von dem Begriff Kommandounternehmen.
So oder so ist nicht nur der Begriff, sondern vor allem die Tatsache eines Himmelfahrtskommandos selbst eine ziemlich zynische und menschenverachtende Angelegenheit zumal, wenn diese Aktionen erzwungen wurden. Wie mag sich ein Mensch fühlen, wenn er weiß, dass er einen mit hoher Wahrscheinlichkeit tödlichen Auftrag ausführen soll? Schlimm, dass es auch heute noch solche Aufträge gibt und dass Menschen absichtlich in den sicheren Tod geschickt werden.
Zum Glück haben die meisten Menschen in diesem Land, damit nichts zu tun weder als Opfer noch als Täter. Ehe es gleich weitergeht, braucht es eine kurze Unterbrechung zum Innehalten und Gedenken.
Bleiben Sie ansonsten weiter vor allem schön gesund und munter und der Welt der Bücher gewogen. Die nächsten Sonderangebote für die erste Novemberwoche werden gerade zusammengestellt und in Kürze in Godern verladen.
Zu den nächsten fünf Sonderangeboten gehört auch eines von mehreren Büchern von Bernhard Kellermann (1879 bis 1951) der erstmals 1979 aus seinem Nachlass im Verlag Volk und Welt Berlin veröffentlichte Roman Das hässliche Mädchen.
Dorothea Fröhlich ist alles andere als schön - das weiß sie nur zu gut. In der Kleinstadt arbeitet sie unermüdlich im Familiengeschäft, während andere Frauen mit Leichtigkeit durch ihre Schönheit Anerkennung und Liebe finden. Doch als der junge Architekt Herbert Lauterbusch in ihr Leben tritt, flammt in Dorothea ein bisher unbekanntes Gefühl auf: Hoffnung.
Zwischen gesellschaftlichem Spott, inneren Kämpfen und dem verzweifelten Wunsch nach Liebe entfaltet sich die berührende Geschichte einer Frau, die gegen die Grausamkeit der Oberflächlichkeit ankämpft.
Bernhard Kellermanns Roman zeigt mit psychologischer Tiefe, wie sehr äußere Zuschreibungen ein Leben prägen - und stellt zugleich die zeitlose Frage nach dem Wert von Charakter, Stärke und wahrer Zuneigung. Ein bewegendes Leseerlebnis, das auch heutige Leser fesselt.