Specials
Firmenlogo
Verlag für E-Books (und Bücher), Handwerks- und Berufszeichen
Sie sind hier: Die Neigung. Roman von Uwe Berger: TextAuszug
Die Neigung. Roman von Uwe Berger
Autor:
Format:

Klicken Sie auf das gewünschte Format, um den Titel in den Warenkorb zu legen.

Preis E-Book:
7.99 €
Veröffentl.:
06.08.2013
ISBN:
978-3-86394-023-2 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 187 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Krieg & Militär, Belletristik/Medizin, Belletristik/Moderne Frauen, Belletristik/Politik, Belletristik/Liebesroman/Geschichte/20. Jahrhundert, Belletristik/Action und Abenteuer
Abenteuerromane, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Kriegsromane, Liebesromane, 20. Jahrhundert (1900 bis 1999 n. Chr.)
Arzt, Berufsethos, Partisanen, 2. Weltkrieg, Belorussland, SS, Waise
Zahlungspflichtig bestellen

Soweit war ich, als mir der Zufall zu Hilfe kam. Vergeblich hatte ich versucht, mit den jungen Burschen meines Arbeitstrupps in Verbindung zu kommen. Ich behandelte sie gut, gönnte ihnen reichliche Pausen oder verschaffte ihnen eine Sonderration. Mit den wenigen Brocken Russisch, die ich gelernt hatte, kritisierte ich vorsichtig - um mich nicht selbst zu gefährden - die faschistische Praktik der Geiselmorde. „Krieg gegen Frauen und Kinder ist nicht gut“, sagte ich oder: „Nicht alle Deutschen sind so ...“ Sie verzogen keine Miene, sahen mich nur an und schwiegen. Da überraschte ich im Zimmer eines Vorgesetzten an einem Spätnachmittag, als ich ein Telefon zu reparieren hatte, eine junge Frau. Sie stand vornübergebeugt und schrieb ein Dokument ab. Erschrocken auffahrend starrte sie mich an.

„Lass mich erschießen, wenn du kannst“, sagte sie leise, in ziemlich gutem Deutsch, jedes Wort betonend. Langsam bewegte sie ihre Hand zur Bluse. Ich ahnte, was sie vorhatte, und packte sie am Arm.“

„Nicht! Ich tu dir nichts. Du kannst gehen.“

Wortlos und starr blickte sie mich an.

„Nimm mit, was du geschrieben hast!“

„Wie heißt du?“

„Robert Schlegel.“

Sie nahm ihren Zettel, besann sich, legte ihn wieder hin und fügte noch einige Notizen hinzu, dabei abwechselnd auf das Papier und auf mich schielend. Ihre Ruhe machte mich fassungslos.

„Beeil dich!“

Sie faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in die Bluse. Sorgfältig legte sie die Akte, der ihr Interesse gegolten hatte, in eine Mappe und packte die Mappe in eine Schublade. Dann streifte sie mich noch einmal mit einem Blick. Legte den Finger auf die Lippen und ging.

Die junge Frau hieß Nina. Sie arbeitete in der Kommandantur des Ortes als Reinigungskraft. Ich bewohnte dort mit einem anderen Unteroffizier ein Zimmer. Als dieser abberufen worden war, erschien Nina eines Nachmittags bei mir.

„Ich will mich bedanken“, sagte sie.

„Wofür?“

„Warum hast du es getan?“

„Ich hasse die Faschisten. Ich möchte zu euch kommen.“

„Was heißt: zu euch?“

„Zu den Partisanen.“

„Hör zu! Wir haben dich beobachtet. Ich glaube, dass du die Wahrheit sagst. Aber wenn du etwas gegen die Faschisten tun willst, dann sollst du hierbleiben und Informationen sammeln ...“

„Das ist gefährlich ...“ Die Worte rutschten mir heraus.

„Es ist Krieg“, antwortete sie, „wir haben ihn nicht gewollt. Gefährlich ist es, mit dir zu sprechen - du kannst ein Spitzel der Gestapo sein.“

„Ich dachte, du glaubst mir, Nina.“

„Ich glaube, und du musst beweisen.“

Daraufhin erklärte ich mich einverstanden. Wir berieten die Einzelheiten. Ich sollte versuchen, die Zielorte von Truppentransporten, den Zeitpunkt von Aktionen gegen die Partisanen und ähnliches herauszubekommen. Nina würde meine Kontaktperson sein. Wenn möglich, wollte sie in mein Zimmer kommen. Sie riet mir, zu den Mitgliedern meines Bautrupps allmählich unfreundlicher zu werden und schließlich so barsch zu sein, wie es sich für einen Okkupanten gehört, und überhaupt die größte Vorsicht walten zu lassen.

Nina gab mir die Hand und entfernte sich leise.

Da ich am Fernschreiber Dienst tun musste, gingen manche Befehle und Mitteilungen durch meine Hand, aus denen Schlüsse zu ziehen waren. Auch versuchte ich, das gute Verhältnis, das ich zu einigen Leuten der Kommandantur hatte, zu entwickeln. Da war der Bursche des Kommandanten, der Obergefreite Bechtold, der mir manchmal sein Herz ausschüttete, oder mein unmittelbarer Vorgesetzter, der Oberleutnant Dreyer, der den Schnaps liebte.

Bechtold, von Beruf Schneider, ein faltiger Vierziger, kam eines Abends zu mir und jammerte: „Mit Balthasar ist mal wieder kein Auskommen. Nichts mach ich ihm recht. Er brüllt bloß herum.“

Major Balthasar war der Ortskommandant.

„Was hat er denn?“, fragte ich.

„Der Streifzug gegen die Partisanen ist ins Leere gegangen. Und heute im Morgengrauen haben die die Brücke vor der Stadt mit drei Lastwagen darauf in die Luft gesprengt ... Hast du nicht die Detonation gehört?"

„Nein, Ich schlafe gut.“

„Die werden noch mal die Kommandantur hochjagen, hat der Major geschrien, und wir müssen durchgreifen, ganz egal wo und wie, die stecken alle unter einer Decke, und Bechtold beugte sich vor und flüsterte, „in der nächsten Woche wird ein großer Schlag geführt, mit einem Strafkommando, mit Panzern und Artillerie ..."

„Woher weißt denn du davon? Dich werden sie gerade einweihen!“

„Der Kommandeur war schon hier, und die haben alles beredet; man konnte es durch die Tür hören ..."

 

Die Neigung. Roman von Uwe Berger: TextAuszug