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Falko hat zugeschlagen, als gelte es, leibhaftige Bedränger abzuwehren, hat - in Panik - getobt, bis jäher Schmerz ihm ins Bewusstsein drang, ihn zur Besinnung brachte.
Seitdem liegt er, schweißbedeckt trotz der Kühle, reglos auf dem harten, kantigen Gestein. Sein Atem geht wieder ruhiger, und an jene Attacke erinnert eigentlich nur noch beharrliches Pochen in der rechten Hand.
Freilich ist da auch die Fessel, die nach wie vor beengt und die vorhin in die Haut geschnitten hat. Wahrscheinlich sind die Gelenke vom Zerren, Reißen, Scheuern wundgerieben und geschwollen, und dort, wo jener Hieb, Schnitt oder Stich den Handballen getroffen hat, sickert vermutlich Blut.
Falko denkt daran, denkt auch an seine übrigen Blessuren beinah unbeteiligt. Seit die Panikattacke vorbei ist, vermag er wieder halbwegs nüchtern zu überlegen; doch gäbe es nicht das hartnäckige Pochen, wäre er wohl längst weggedämmert oder hätte - wer weiß, wie lange noch - vor sich hingedöst.
So aber hält ihn etwas wach, erinnert, mahnt ihn, und dabei beschleicht ihn eine Idee.
Schneiden - zerschneiden. Klar: Was mich geschnitten hat, das müsste eigentlich auch ...
Er macht sich unverzüglich an die Ausführung, an einen Versuch, einen ersten: stützt sich auf, wartet, bis das Rauschen in den Ohren, das plötzlich da war, abgeebbt ist, holt tief Luft und beginnt, den felsigen Boden, die Mulde, in der er gelegen hat, und ihren Rand abzutasten.
Etwas Lappiges, Buckliges ... Richtig - das Tuch, das Bündel mit dem Brot, den Apfelsinen und dem übrigen Proviant. Da auch der Plastikkanister mit dem Wasser.
Obwohl Falko Durst und sogar Hunger hat, hält er sich nicht auf, lässt er die aneinandergefesselten Hände weitersuchen, im Dunkel der Blende vor den Augen und im Dunkel der Höhle, das ihn vermutlich zusätzlich umgibt, so rasch und so bedächtig wie möglich den Rand der Mulde befühlen, die Abstellfläche rings um Kanister und Bündel, die ziemlich glatt erscheint, den schrundigen Wall daneben.
Einmal ein Kratzer an einer der Fingerbeeren, ein leichter Ritz; aber der Steingrat, dem das zu verdanken ist, liegt inmitten überragender Wülste und erweist sich als nicht scharf genug. Dann, etwa anderthalb, zwei Meter weiter, endlich eine gut handbreite Kante, ein Mittelding zwischen schartigem Messer und zahnlückenreicher Säge.
Hastig macht sich Falko ans Säbeln, das sich als nicht ganz einfach erweist. An der Messer-Sägen-Kante kann man sich, zumal im Dunkeln, leicht verletzen, wenn man seine gebundenen Hände in ausreichender Nähe - egal, ob rasch oder langsam - hin und her bewegt. Andererseits muss man nah ran und ohne Angst vor Verletzungen säbeln, wenn man die Fessel irgendwann abstreifen will.
Eine richtige Zwickmühle, denkt Falko.
Die Kidnapper haben, wie er vermutet, ein Kabel benutzt, vielleicht ein Stück Elektroleitung mit isolierten Kupferdrähten und elastischem Plastikmantel, jedenfalls einen stabilen, biegsamen Strang. Die Plastikhaut ist bald durchtrennt; dann aber fiept es beim Widerstreit zwischen Metall und Gestein, kreischt und wird, spürbar an den Handgelenken, brennend heiß.