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Mord am Hirschlachufer.Kriminalroman von Dietmar Beetz
Autor:
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Preis E-Book:
8.99 €
Veröffentl.:
06.10.2014
ISBN:
978-3-95655-179-6 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 384 Seiten
Kategorien:
Belletristik/Thriller/Spannung, Belletristik/Thriller/Verbrechen, Belletristik/Krimis & Detektivgeschichten/Polizeiprozesse, Belletristik/Geschichte, Belletristik/Politik
Kriminalromane und Mystery: Polizeiarbeit, Belletristik: Themen, Stoffe, Motive: Politik, Thriller / Spannung, Kriminalromane und Mystery
Erfurt, Eichsfeld, SS, Mord, Verrat, KZ, Pastor
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Die Sache rollt, der Händl wird marschieren! Ich dirigiere ihn mit festem Griff und Kniff. Ich hab’s gewollt, und er muss mir parieren. Methode Strauch - sie hat den altbewährten Pfiff.

Er summte dabei vor sich hin, und während er so zurückging zum Haus, vorbei an der Kate, am duftenden Gras, am Birnbaum und an den Apfelbäumen, an den rauschenden Pappeln und Eschen vorbei — während dieser Minuten verschwamm rings um ihn der Garten, und Strauch sah seine Welt wieder in ihrem alten Gefüge.

Hier auf dem Weg zwischen Blumenrabatten, die später Gemüsebeeten weichen mussten, war er damals auf und ab gegangen, gemeinsam mit Händl, den die Panik trieb — damals, im November neunzehnhundertzweiunddreißig, Tage nach dem Mord. „Was du nur willst? Er ist nicht wieder zu Bewusstsein gekommen, hat’s nicht überlebt — na und? Dein Glück. Und seins dazu! So hat er’s hinter sich und braucht nicht erst ins Gras zu beißen, wenn demnächst die große Abrechnung beginnt.“

„Aber ich hab’s doch nicht gewollt, Hugo, ich bin unschuldig! Du und dein Rohr ... Du hast mir’s in die Hand gedrückt, hast mich besoffen gemacht mit deinem Gerede und dem Schnaps ...“

„Max, was soll das? Ich versteh überhaupt nicht, wovor du solche Angst hast. Wichtig ist doch nur, dass wir’s geschafft haben und niemand an uns denkt.“

„Noch nicht, Hugo, noch nicht ...“

„Ach was! Wenn du die Nerven behältst und nicht durchdrehst, wird keiner auf den Gedanken kommen, uns zu verdächtigen. Die suchen in ganz anderer Richtung, bei seinen Genossen.“

„Bei den Kommunisten?“ Händl war stehen geblieben, Argwohn im Blick, Argwohn, Verwirrung und einen Funken Hoffnung. „Seine eigenen Leute sollen ihn ...?“

„Man glaubt’s, Max, man ist davon so gut wie überzeugt. Kein Wunder, es deutet ja auch alles darauf hin!“

„Auf die Kommunisten?“ Unter den buschigen Brauen von Händl glommen bereits Erleichterung und beschämtes Einverständnis. Strauch legte ihm die Hand auf die Schulter, und während sie weitergingen über den knirschenden Kies, sagte er voller Genugtuung: „Seine engsten Kumpane werden verdächtigt — dank meiner Strategie. Ich weiß nicht, ob ich dir schon erzählt habe, dass ich ihn zum Vorarbeiter befördert hatte, zwei Tage vorher ...“

Händl schüttelte den Kopf. „Du — ihn?“

„Ja, und er ist in die Falle gegangen und hat angenommen, hat’s sogar für einen ersten Erfolg ihrer Streikdrohungen gehalten. Aber seine Genossen, die vom Kreis, waren da anderer Meinung — ganz wie vorausgesehn. Sie fielen über ihn her, am Freitagabend bei ihrer Sitzung, warfen ihm Opportunismus vor, Verrat; es kam beinah zu Handgreiflichkeiten!“

„Ja, und ...?“

„Den Rest kennst du: Er rennt raus aus dem Lokal — und wird Stunden später ganz in der Nähe aufgefunden. Die Ermittlungen beginnen, man kommt auch zu mir ...“

„Sie haben dich — verhört?“

„Sagen wir mal: mich befragt. Ein guter alter Bekannter war am Montag eine halbe Stunde im Steinbruch, bei mir im Büro. Ich konnte ihm leicht beweisen, dass ich mit Lustig in bestem Einvernehmen stand.“

Händl war bei dem Namen zusammengezuckt. Nun schüttelte er den Schädel und seufzte ächzend. „Heilige Muttergottes, was hab ich in den letzten Tagen durchgemacht!“

Strauch nickte, und eine Weile war nur das Knirschen ihrer Schritte zu hören.

„Na ja“, sagte Händl wie in Gedanken, „vielleicht kommt man mit der Zeit drüberweg. Mir hat schon geholfen, dass mir Herzog die Absolution erteilt hat.“

Diesmal dauerte es, bis Strauch begriff. „Du hast — gebeichtet? Dem?“

Da blieb Händl stehen, sichtlich verwirrt. „Aber ... Aber er ist doch unser Pfarrer. Ich wusste ja nicht mehr ein noch aus!“

„Du Idiot, du hirnverbrannter Trottel! Wie bist du nur auf diese blödsinnige Idee gekommen? — Eine Visage wie ein Gorilla, aber ein Gemüt wie eine Feldmaus. Rennt zu diesem Schwarzkittel und heult sich aus; hat nichts Eiligeres zu tun, als dem alles brühwarm aufzutischen!“

„Aber er ist doch ...“

„Schweig! Er ist ein Hinterägypter, ein verkappter Kommunist. Der und seine Predigten! ‚Harret aus, das Reich Gottes wird kommen! Uns ist ein Stern erschienen ...‘ — Ein Stern? Wohl ein fünfzackiger im Osten?“

Strauch verstummte und starrte auf den Weg. Sekundenlang sah er vor sich das kantige Gesicht des Pfarrers, die strengen Augen, den schmalen Mund, und hörte noch einmal, wie erst vor Wochen: „Behandeln Sie doch bitte Ihr Gesinde ein wenig sozialer, Herr Strauch! Die Zeiten sind hart, aber am härtesten trifft es die Ärmsten. Ihnen müssen wir geben, mit ihnen teilen, den Rock, das Brot, wie Gottes Sohn von uns fordert.“

Teilen - täl! Der Thälmann will täl, wie sie im Fränkischen sagen. Herzog drückt sich zwar anders aus, gewählter, aber dem Sinn nach verlangt er das gleiche, fast genauso viel wie dieser Lustig: Teilen die Macht, den Besitz -, erst teilen, dann hergeben!

Strauch blieb stehen und holte tief Luft. Er hatte das Gefühl, an einem Abgrund zu stehen, einem Abgrund, der dort aufgeklafft war, wo er’s nicht erwartet hatte, und dieses Unvorhergesehene bei aller Bedachtsamkeit, allem Kalkül, auf das er so stolz gewesen war, verwirrte, ja entsetzte ihn.

„Das wird noch was geben“, sagte er beinah kläglich. „Das hat bestimmt für uns Folgen.“

Händl, der mit dem Blick an ihm hing wie ein geprügelter Hund - Händl straffte sich und wagte ein Lächeln. „Aber Hugo, als Pfarrer hat er doch sein Beichtgeheimnis zu halten! Er wird uns nicht verpfeifen, selbst wenn er Lust hätt’.“

 

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