Specials
Firmenlogo
Verlag für E-Books (und Bücher), Handwerks- und Berufszeichen
Sie sind hier: EDITION digital: Newsletter 24.01.2025 - Das eigene Leben abschreiben oder nicht? KI als Künstlerische Intelligenz

Das eigene Leben abschreiben oder nicht? KI als Künstlerische Intelligenz sowie eine Feuerprobe - Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis

(Pinnow 24.01. 2025) – Welche Rolle spielt die eigene Lebensgeschichte für das Schaffen einer Schriftstellerin oder eines Schriftstellers? Wenig verwunderlich ist das sehr unterschiedlich. Während der eine fast sein Leben „abschreibt“, lassen sich bei anderen Autoren nur selten autobiografische Spuren finden. Bei Friedrich Wolf, von dem auch in diesem Newsletter alle insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote stammen, die sieben Tage lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop www.edition-digital.de (Freitag, 24.01. 2025 bis Freitag, 31.01. 2025) zu haben sind, lassen sich oft Parallelen zwischen seinem Leben und seinen Texten erkennen.

Das gilt auch für das zweite E-Book-Sonderangebot dieser Woche. Das deuten schon der Titel dieser aus dem Jahre 1930 stammenden Erzählung und der Name ihrer Hauptfigur an – „Aus meinem Leben. Aus dem Lebenslauf eines Zeitdichters“ heißt das Buch. Und die Hauptfigur ist Fritze, ein fünfjähriger Junge, der im Rheinland aufwächst, umgeben von den düsteren Schatten des Kleinbürgertums. Schon früh erlebt er eine Welt, die ihm fremd und zugleich faszinierend ist: Von Tauschgeschäften bis zu Freundschaften mit Tippelbrüdern – er bewegt sich an der Grenze der Legalität. Doch als die politischen Umwälzungen des frühen 20. Jahrhunderts ihn ins Zentrum historischer Ereignisse reißen, wird aus dem neugierigen Kind ein Arzt, Schriftsteller und Revolutionär. Diese autobiografischen Skizzen zeichnen den Weg eines Mannes, der sich unermüdlich für Menschlichkeit und Gerechtigkeit einsetzt, und der den Krieg als Arzt hautnah erlebt hat – wie Friedrich Wolf eben. „Aus meinem Leben“ ist ein Werk über Mut und Zweifel, aber auch über den Preis des Idealismus.

Und mit dieser für den Helden der Erzählung wichtigen Kindheitserinnerung fängt dieses Lebensbuch an:

„Menne Andrae, ein Geselle in der Werkstatt meines Vaters. Stundenlang sitze ich als Fünfjähriger bei ihm und lasse mir von ihm erzählen und … aus dem „Wahren Jacob“ vorlesen; die satirischen Witze auf Bismarck und den Reichstag kapiere ich allerdings nicht.

Eines Tages ist der Geselle entlassen; er sei ein „Krakeeler“, ein „übler Genosse“. Ich stöbere ihn auf in der „Herberge zur Heimat“. Er gießt einem Herbergsbruder, der aus einer Handverletzung stark blutet, eine braune Flüssigkeit über die Wunde und sagt mir: „Fritze, das hilft so sicher wie Gift; das ist Arnica, musst du dir merken!“ Immer wieder, wenn ich als Arzt Arnica verschreibe, fällt mir Menne Andrae ein“, heißt es bei Friedrich Wolf. Und immer, wenn wir von nun an etwas von Friedrich Wolf lesen, sehen oder hören, dann fällt uns Arnica ein. Und das ist selten genug bei Wolf diesmal kein Frauenname …

„Das Titelbild wurde mit der KI erstellt“, heißt es seit einiger Zeit auf der jeweils ersten Seite der E-Books aus dem Hause EDITION digital. So auch auf der ersten Seite von Wolfs Erzählung „Der Goldfisch „The king“ und der Kater Pierre“, die dem erstmals 1951 erschienenen Buch „Bummi – Tiergeschichten für große und kleine Kinder“ entnommen wurde. Besonders dieses Titelbild ist es wert, einmal genauer angeschaut zu werden. Mit einigem Recht könnte man hier KI statt wie es korrekt heißt „Künstliche Intelligenz“ mit „Künstlerische Intelligenz“ übersetzen. Schauen Sie dieses Titelbild doch mal etwas genauer an …

Inhaltlich geht es in diesem Text um die Königsfrage – und die hat sehr viel mit einem goldenen Fisch zu tun, einem Goldfisch also, der auf einer prächtigen Luxusyacht lebt, die in einem kleinen französischen Hafenstädtchen vor Anker liegt. Dieser Goldfisch ist nun allerdings nicht irgend so ein Goldfisch, sondern einer mit magischen Fähigkeiten, die nichts weniger versprechen als Glück und langes Leben. Doch dann kommt der neugierige Kater Pierre an Bord und die Königsfrage wird neu gestellt …

Eine Geburtstagsgeschichte lautet der Untertitel der 1916 entstandenen Erzählung „Von der Henne Hanne Sorgeviel und dem Urtrieb“. Sie spielt in einer Welt, in der selbst das Natürliche zur überbordenden Leidenschaft werden kann. Mit wachem Familiensinn und unermüdlicher Fürsorge hält die Henne Hanne Sorgeviel ihre Küken und selbst alte Hühner und stolze Hähne im Bann des Urtriebs. Doch was geschieht, wenn dieser unbezwingbare Drang alle natürlichen Grenzen übersteigt – selbst über das irdische Leben hinaus?

Die dem Buch „Märchen für große und kleine Kinder“ von 1946 entnommene Erzählung für Kinder ab 6 Jahren „Der Steppenbrand. Purzel findet Paolo Dreibein“ ist eine herzerwärmende Geschichte über Freundschaft und über Mut und vor allem über die Kraft des Zusammenhalts: Purzel, das mutige Häschen, hat sich allein auf eine große Reise begeben. Während dieser Reise lernt Purzel den dreibeinigen Hasen Paolo kennt. Es entsteht eine unerwartete Freundschaft, die beide durch die rauen Gefahren der Steppe führt und die sich bewähren muss, als plötzlich die Steppe brennt. Dieser Steppenbrand wird zu einer wahren Feuerprobe.

Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat – also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Wieder einmal wird die Frage nach den Folgen von Gewalt und Kriegen diskutiert.

Die 1950 entstandene Erzählung „Der Koffer aus Indochina“ hat einen im wahrsten Sinne des Wortes irren und damit zugleich auf den weiteren Verlauf der Handlung sehr neugierig machenden Anfang. Worum geht es? Als die alte Mariechen vom Tod ihres Sohnes in der Fremdenlegion erfährt, setzt sie alles daran, seinen letzten Besitz nach Hause zu holen - einen Koffer. Dieser Versuch setzt einen unermüdlichen Kampf mit den Behörden in Gang, der schließlich in einer tragischen Verwechslung endet. „Der Koffer aus Indochina“ ist ein zeitloses Meisterwerk über Hoffnung, Verzweiflung und über das geradezu unaufhaltsame Verlangen, das Unmögliche zu erreichen.

Anfangs scheint alles noch sehr harmlos. Fast wie nebenbei berichtet der Erzähler von einer mit vielen Erinnerungen an die eigene Kindheit verbundenen Wiederbegegnung:

„Vor kurzem besuchte mich meine Jugendfreundin Kettche, die Witwe des neben meinem Elternhause wohnenden Bäckermeisters Prietzel. Für Kettche habe ich mit zwölf Jahren wahre Heldentaten vollbracht, Rabeneier aus den höchsten Wipfeln der alten Rheinpappeln geholt und im Herbst Pfirsiche aus dem Garten eines Schokoladenfabrikanten, trotz der Warnung: Hier liegen Fußangeln! Ist das nicht schon hundert Jahre her?

Kettche hat inzwischen Kinder und Enkelkinder. Wir sprechen über die längst vergangene Zeit, über unsere Schulkameraden, den Schorsch Berger, den Menne Schmitz, das Mariechen Frings. Die meisten sind tot. Nur Mariechen, die den Schorsch geheiratet hatte, lebt noch, allerdings in einer Irrenanstalt. Daran war der Koffer aus Indochina schuld.

Das aber ist eine besondere Geschichte.“ Und mal ganz ehrlich, lieben wir nicht alle besondere Geschichten? Mehr von dieser hier in der nächsten Woche.

In „Aus meinem Leben. Aus dem Lebenslauf eines Zeitdichters“ gewährt Friedrich Wolf eindrucksvolle Einblicke in seine prägenden Kindheitserlebnisse und die ersten Begegnungen mit gesellschaftlichen Gegensätzen. In der folgenden Leseprobe nimmt uns Wolf mit in die Welt eines fünfjährigen Jungen, der in den Mikrokosmos einer Herberge am Rheinufer eintaucht. Dort erlebt er Loyalität, Widerstand und die raue Realität der Arbeiterklasse – Erfahrungen, die ihn nachhaltig beeinflussen und später seinen Blick als Schriftsteller und Arzt prägen sollten.

Ein Fünfjähriger steht Schmiere

Mein Vaterhaus: Kleinbürgertum im Rheinland. Wichtige Kindheitserinnerung: Menne Andrae, ein Geselle in der Werkstatt meines Vaters. Stundenlang sitze ich als Fünfjähriger bei ihm und lasse mir von ihm erzählen und … aus dem „Wahren Jacob“ vorlesen; die satirischen Witze auf Bismarck und den Reichstag kapiere ich allerdings nicht.

Eines Tages ist der Geselle entlassen; er sei ein „Krakeeler“, ein „übler Genosse“. Ich stöbere ihn auf in der „Herberge zur Heimat“. Er gießt einem Herbergsbruder, der aus einer Handverletzung stark blutet, eine braune Flüssigkeit über die Wunde und sagt mir: „Fritze, das hilft so sicher wie Gift; das ist Arnica, musst du dir merken!“ Immer wieder, wenn ich als Arzt Arnica verschreibe, fällt mir Menne Andrae ein.

Es war meine erste Freundschaft. Ich habe für ihn Brot und Wurst gemaust und eine funkelnagelneue Hose meines Vaters. Jede freie Stunde schlich ich fünfjähriger Knirps in die „Herberge zur Heimat“, ganz an der Stadtgrenze am Rheinufer. Ich sah dort „Kippemachen“ – dunkle Tauschgeschäfte, die ich nicht verstand, ich sah dort Entlausungsszenen, Prügelszenen, Verbrüderungen der Tippelbrüder und Gesellen aller Länder, die auf der großen alten Römerstraße von Norden nach Süden wanderten. Ich sah, wie einer vom Herbergsvater wegen „Zechprellerei“ mit dem Ochsenziemer verarztet wurde, wie plötzlich alle ihre Pfennige zusammenkratzten und die Sache dann mit einer riesigen Sauferei endete. Ich, Fritze, stand Schmiere, ich schaffte Sachen heran, Viktualien, Mobilien, auch Metallisches … auf nicht immer legale Weise; ich war als Fünfjähriger der Verbindungsmann dieser Herbergsbrüder mit der anderen Welt.

Bis man eines Tages daheim Wind bekam und zu „exemplarischer Bestrafung“ schritt, mit allen Finessen: vom Arrest im Kohlenkeller bis zur Entziehung meines kleinen Fahrrades.

Aber ich habe Menne Andrae nicht vergessen.

In Friedrich Wolfs „Der Goldfisch „The king“ und der Kater Pierre“ begegnen wir einer außergewöhnlichen Geschichte voller Witz, Gesellschaftskritik und überraschender Wendungen. Die Leseprobe entführt uns an die azurblaue Küste Südfrankreichs, wo ein Goldfisch namens „The king“ das Leben der Menschen um ihn herum auf besondere Weise beeinflusst. Mit feinem Humor und einem Hauch von Satire wirft Wolf einen Blick auf Luxus, Absurdität und die Bedeutung, die wir vermeintlich kleinen Dingen beimessen. Tauchen Sie ein in diese faszinierende Erzählung!

An der azurblauen Küste Südfrankreichs lag eine große silbergraue Motorjacht. Sie gehörte dem reichen jungen Amerikaner Blackwood, Harry Blackwood. Die Jacht war nicht wie die anderen Luxusboote mit vielen Wimpeln über die Toppen geflaggt; sie trug außer dem Sternenbanner nur noch die chinesische Fahne mit einem seltsamen Schriftzeichen. Dies aber war „The king“ zu Ehren.

Die ganze Jacht hatte man eigentlich nur für „The king“ gebaut. Auch dass sie die tausend Meilen von Amerika nach Südfrankreich gefahren war, geschah wegen „The kings“ Gesundheit, der nach dem Urteil hervorragender Ärzte diesen Klimawechsel brauchte.

„The king“ war ein Goldfisch.

Natürlich kein gewöhnlicher Goldfisch – das besagt schon sein Name „The king“: der König. Er war Mr. Blackwoods Gattin Maud in Hongkong von einem uralten Chinesen namens Fung, wie dieser sagte, „mehr geschenkt als verkauft“ worden, obschon der Preis für das Fischchen immerhin zehntausend amerikanische Dollar betrug.

Damit hatte es nun diese Bewandtnis.

In „Von der Henne Hanne Sorgeviel und dem Urtrieb“ erzählt Friedrich Wolf mit feinsinnigem Humor und liebevoller Detailgenauigkeit die Geschichte einer außergewöhnlich pflichtbewussten Henne. Die Leseprobe entführt uns in die Welt der Henne Hanne Sorgeviel, deren unermüdlicher Einsatz für ihre Küchlein sowohl eine Parabel auf Mutterschaft als auch eine subtile Gesellschaftskritik darstellt. Begleiten Sie Hanne Sorgeviel durch ihre Herausforderungen und erfahren Sie, wie selbst der stärkste Urtrieb zu einer unaufhaltsamen Kraft werden kann!

Es ist eine alte Wahrheit, dass eine Henne ihre Küchlein stets um sich haben will. Dieser Trieb ist ein Urtrieb. Er entsteht und vergeht nicht; er kann nicht angelernt noch aberzogen, nicht geboren noch getötet werden; er ist da, so wie das Licht am Morgen und die Dunkelheit am Abend; er ist ein … Urtrieb.

Doch wie es nicht allein schwarze und weiße, sondern auch braune, gefleckte und gescheckte Hennen gibt, nicht allein Trut-, Reb-, Perl-, Wachtel-, Brut-, Leg- und Fetthennen, sondern auch fette Trut- und magere Perl-, legfrohe Reb- und brutfaule Wachtelhennen, so weist auch jener Urtrieb des Küchleinbetreuens verschiedene Grade und Zwischengrade der Heftigkeit auf. Ja, dieser Trieb, der so naturgemäß, kann zur Leidenschaft und zum Laster werden. Denn man kann selbst des Guten zu viel haben!

Hier aber soll keine Abhandlung geschrieben werden, sondern von der wackeren Henne Hanne Sorgeviel die Rede sein. Sie lebte vor langer, langer Zeit, in den Tagen des großen Krieges, der so vielen Menschen das Leben und den Hennen die Legefreiheit kostete, dergestalt, dass jeder Henne, ob jung oder alt, schwarz, braun oder gefleckt, wöchentlich eine bestimmte Rundsumme von Eiern staatsrechtlich anbefohlen wurde. Solches aber missfiel der Henne Hanne Sorgeviel; und sie beschloss, ihre alte Ordnung und Freiheit um jeden Preis wiederherzustellen. Als alte Legehenne könne sie das verlangen! – Sie schuf sich also in einem verborgenen Winkel zwischen Scheuer und Mist ein neues Nest und ergab sich mit gewohnter Gelassenheit ihrem Berufe des Legens und Brütens. Doch da ihr die Eier nicht mehr entzogen wurden, so liefen alsbald zehn, fünfzehn, zwanzig, ja zweiundzwanzig Küchlein und Kämmlein auf dem Hofe umher, bis man der Henne Brutplatz entdeckte und das Brüten ein Ende hatte.

Aber die zweiundzwanzig Küchlein waren da und wollten versorgt sein. Zwar hatte es der Henne Hanne Sorgeviel nie an Familiensinn gefehlt. Sie hatte stets ihre Pflicht getan, sich ihrer Eier entledigt – „papperlepapp und gackeregack, wer gibt mir was dafür!“ –, auf Ordnung und Sauberkeit gehalten, sich geputzt und gestutzt, und damit gut! Das wurde nun mit einem Schlage anders. Zweiundzwanzig Schnäbel wollten gestopft, vierundvierzig Flüglein geputzt, zweihundertundzwanzig Zehlein gestutzt sein. Aber da kannte man die Henne Hanne Sorgeviel schlecht! Sie ging mit einer wahren Leidenschaft zu Werke. Sie empfand die Arbeit nicht als Pflicht; nein, diese Arbeit zog sie, und sie stürzte sich ihr entgegen. Vom ersten Hahnenschrei bis zum Nestruf lief und flügelte sie um die Hecke, verwarnte, lockte, fütterte, stopfte, putzte, drohte und wehrte der kleinen Bande. Da gab es tausenderlei Weisungen und Aufklärungen, Vermahnungen und Belehrungen, bis all die Nackthälse und Kratzefüße begriffen, wozu eine ordentliche Pfütze nütze sei, dass die schwersten Körner am tiefsten und die fettesten Würmer am verborgensten liegen, dass man nicht erst baden und dann waten, sondern erst wühlen und dann spülen muss, dass jedes Küchlein auf Fußpflege und Marschordnung zu halten hat, dass die Hähnlein die Kämme grad zu tragen, Schnabel und Sporn zu wetzen und die Hühnchen ihre Kalkmahlzeiten einzuhalten haben, dass Morgentau und Frühgras glänzende Augen, Schnecken aber Federschwund erzeugen, während Sand den Magen reinigt; dass man den Häher am Schrei, den Falken am Flug, das Wiesel am Lauf, den Hund am Sprung, die Katze am Schlich erkennt. Was gab es alles zu lernen und lehren für die Henne Hanne Sorgeviel und ihre Brut.

In Friedrich Wolfs „Der Steppenbrand. Purzel findet Paolo Dreibein“ wird die Geschichte des mutigen Hasen Purzel fortgeführt, der sich allein in die weite Steppe wagt. Mit Abenteuerlust und List stellt sich Purzel den Herausforderungen der wilden Natur und begegnet faszinierenden Tieren, die ihn lehren, wie gefährlich, aber auch wundervoll das Leben in der Steppe sein kann. Die folgende Leseprobe lädt ein, Purzels spannende Reise zu begleiten und seinen außergewöhnlichen Mut zu bewundern.

Zwei Wochen lang hatte Lux, der Wolfshund, seinem Kameraden Purzel, der spurlos verschwunden war, in lang gezogenem Geheul nachgetrauert. Als aber die volle Mondscheibe immer schmaler wurde und schließlich in der dunklen Nacht nur noch als eine haardünne, kaum mehr sichtbare Sichel am Himmel stand, da ließ Lux sein einsames Trauern und begab sich wieder zu seinen Jagdgesellen, den wilden Steppenwölfen.

Wo aber war Purzel geblieben? Verschwindet doch kein Wesen völlig von der Erde, erst recht nicht, wenn es soviel erlebt hat wie unser Häschen Purzel.

Ja, Purzel war in jener Vollmondnacht in die weite Steppe gelaufen. Ihm war sehr traurig zumute, weil es seinen Kameraden verlassen musste. Es hopste eilig dem Vollmond entgegen, indem es seinen eigenen Schatten hinter sich ließ, so, als könne es auf diese Weise sich selbst entfliehen. Das ging ein paar Stunden. Dann versank der Mond am Steppenrand und Purzel begann zu frieren; es grub sich an einer sandigen Stelle eine Kuhle; es wünschte nie wieder aufzuwachen. Aber plötzlich war es ihm, als liefen lauter Ameisen in seine Nasenlöcher; es holte tief Luft, und dann musste es so gewaltig niesen, dass der Sand in der Kuhle gen Himmel stäubte und es selbst aufwachte. Was war? Rollte da Feuer auf es zu? Brannte die Steppe? Nein, es war die Sonne, die als riesiger, glühender Ball über den Horizont kam und Purzel mit ihren ersten warmen Strahlen wachgekitzelt hatte.

„Ach, ist das Leben gut und schön!“, sprach Purzel leise für sich.

Doch sogleich fiel es wieder in Traurigkeit. Denn es hatte sich an Lux, seinen großen Kameraden, so gewöhnt wie der kleine Zeiger der Uhr an den großen Zeiger.

 

Nun, wer das Häschen Purzel kennt, der weiß, dass es keineswegs ein „Hasenfuߓ war, wie die Menschen oft verächtlich die Feiglinge zu nennen belieben; vielmehr hatte Purzel mehr Mut wie mancher der Männer mit breiter, behaarter Brust. Es nahm also seine ganze Kraft zusammen, sprang in die Höhe, schlug einen seiner kühnen Purzelbäume, wobei es wieder auf seinem Stummelschwänzchen landete. Und jetzt sah die Welt schon anders aus. Die Sonne hatte sich am Himmel erhoben; der Nachttau funkelte noch an den hohen Halmen des Präriegrases; Purzel nahm davon einen leichten Frühtrank und knabberte einige Jungspitzen Gras. Dann begab es sich auf die Wanderung, einem neuen Leben entgegen.

Diesmal wollte Purzel allein bleiben, ohne Freund, ohne einen Kameraden, der ihm Kummer bereitete. Es wollte nur seiner eigenen Kraft und Klugheit vertrauen. So wanderte es einen Tag. Es genoss die Stille der riesigen Steppe und den Duft der kleinen Kräuter am Boden. Als die Sonne sank, suchte es sich wieder eine sandige Kuhle und buddelte sich ein. Purzel war lange genug mit Lux gestreift; es kannte genau die Sprache der Wölfe; ihr Geheul machte es nicht nervös wie die anderen Hasen, die dann aus dem Schlaf hochsprangen und sich verrieten. Anfangs lauschte Purzel, ob es die Stimme von Lux vernehme? Aber es waren nur die wilden Steppenwölfe; und so fiel Purzel, das sich tief in den Sand gewühlt hatte, in tiefen Schlaf.

Am zweiten Tag begegnete Purzel einer Schar großer hochbeiniger Vögel mit schwarzer Brust, dunklem Kopf, gelbem Hals und aschgrauen Flügeln. Sie hielten im Lauf inne und fragten das Häschen, weshalb es allein in der weiten Steppe herumhopse? „Ich heiße Nandu, der Pampastrauß. Hast du deine Kameraden verloren? Wir können dir helfen, die Deinen zu suchen!“, erbot sich der langbeinige Chef der Strauße.

„Schönsten Dank!“, erwiderte Purzel. „Ich wandere lieber allein.“

„Verzeihung unsrer Frage“, meinte der Nandu höflich, „doch es ist so ungewöhnlich – hat man dich verstoßen?“

„Nein; aber ich liebe die Einsamkeit.“

„Mein kleiner Freund, du weißt, das ist gefährlich. Man ist stärker in Gesellschaft der Kameraden. Gewiss hast du niemals einen Wolf oder Steppenhund gesehen?“

Konnte Purzel hierauf etwas entgegnen? Es lächelte bloß.

„Es ist wohl schwach an Verstand!“, meinte mitleidig eine alte Straußenmama.

Der Nandu aber sagte zu Purzel: „Viel Glück, mein Dummerchen ! Und wenn du nachts Geheul hörst, so springe nicht nach vorn von ihm weg, sondern schlage dich seitlich! Die Wölfe jagen stets geradeaus!“

An den nächsten Tagen begegnete Purzel noch der Riesenschlange mit den bunten Mustern auf dem Rücken und dem mordlustigen Steppenadler. In beiden Fällen drückte sich Purzel regungslos an den Boden, so dass es wie ein Häufchen Sand aussah. Denn es wusste, dass die beiden Feinde nur auf sich bewegendes Lebendiges stoßen. Der Adler zog denn auch über das „tote“ Häufchen hinweg. Der goldgelbgestreifte Knäuel hatte jedoch seinen Kopf erhoben und blickte mit den stumpfen, achatgrauen Augen starr auf das regungslose Etwas, während der Hals sich hin und her wiegte und die Zungenspitze immer wieder wie ein Flämmchen vorschoss. Dabei zischte sie: „Ich habe Zeit – hihi! Ich kann warten – hihi! Ich bin die Boa bollera constrictor!“

In „Der Koffer aus Indochina“ erzählt Friedrich Wolf die ergreifende Geschichte von Mutter Mariechen, die alles daransetzt, ein letztes Andenken an ihren Sohn aus der Fremdenlegion zu erhalten. Die Leseprobe führt uns in die emotionale Welt einer Mutter, die zwischen Hoffnung, Verlust und der Sehnsucht nach einem greifbaren Stück Erinnerung navigiert. Mit Feingefühl und Tiefgang beleuchtet Wolf die stillen Dramen des Lebens und die unerschütterliche Liebe einer Mutter.

Und nun war ihr eigener Junge als Fremdenlegionär in Marseille gestorben und hatte ihr nichts hinterlassen als den Koffer. Darin mussten noch seine Sachen sein, seine Uniform, Briefe, ein Bild oder ein Andenken für sie sein. Deshalb setzte die alte Frau Himmel und Hölle in Bewegung, wenigstens den Koffer zu retten. Da wechselte das Konsulat seinen Standort. Man musste die ganze Sache von vorne beginnen. Mutter Mariechen war wie eine Besessene. Sie schimpfte, sie drohte, sie brachte ihre letzten Ersparnisse dem Rechtsanwalt, sie fuhr selbst zum Generalkonsulat. Sie fuhr nach Marseille. Dort hörte sie, dass man diesen Koffer aus Indochina vor einer Woche an ihre rheinische Adresse abgeschickt hatte.

Es stimmte.

Denn als Mutter Mariechen wieder zu Hause ankam, stand der lang ersehnte Koffer in ihrem kleinen Wohnzimmer, das von dem schon sommerlichen Laub der alten Linden beschattet wurde. Es war ein kleiner Tropenkoffer aus Aluminium, mit Stricken verschnürt, da man offenbar das Schloss erbrochen hatte. Auf dem Koffer aber klebten viele Zettel mit fremden Schriftzeichen, die man kaum entziffern konnte. Mutter Mariechen stand lange vor der mattglänzenden Aluminiumkiste, ohne sich zu rühren. Also das war von ihrem Jungen übrig geblieben, seit er das letzte Mal vor sechs Jahren auf Urlaub gewesen und zu seinem Truppenteil an den „Atlantikwall“ musste. Und dann hatte er ihr aus Indochina geschrieben, fast immer die gleichen Sätze: „Es geht mir soweit gut. Wir hatten wieder einmal Kämpfe. Aber jede Kugel trifft ja nicht. Auf frohes Wiedersehen in der Heimat!“

Mögen Sie lieber Antworten geben oder lieber Fragen stellen? Das Team der Newsletter-Redaktion ist da gespalten – die eine Hälfte, die Schlauen, gibt lieber Antworten, selbst dann, wenn zuvor gar keine Fragen gestellt wurden. Aber das hat sie vielleicht mit der Politik und mit Politkern gemeinsam, die auch vor allem solche Fragen beantworten, die überhaupt nicht gestellt wurden, und die Fragen, die tatsächlich gestellt wurden, einfach nicht gehört haben wollen. Aber wir wollen an dieser Stelle nicht viel weiter in den Wahlkampf einsteigen …

Die andere Hälfte des Teams der Newsletter-Redaktion stellt lieber Fragen, weil sie zum einen das Fragenstellen für die wirklich schöpferische Beschäftigung und die gern geäußerte Behauptung, wer fragt, der sei dumm, für fragwürdigen Quatsch hält, und die zum anderen weiß, dass man mit Fragen auch gut davon ablenken kann, mitunter auch keine Antworten zu haben: Wie genau meinen Sie das?, spielt man den Ball mühelos ins gegnerische Spielfeld zurück. Das verschafft immerhin eine kleine Atempause und zum Nachdenken.

Und jetzt unsere Frage: Schreiben Sie Tagebuch? Tatsächlich täglich? Und noch ganz klassisch mit der Hand? Oder mit der Diktatfunktion von WhatsApp? Oder wie?

Warum wir das fragen? Lassen Sie sich einfach überraschen. Noch Fragen?

Bleiben Sie ansonsten weiter vor allem schön gesund und munter und der Welt der Bücher gewogen. Diesmal gab es einen kleinen Stau. Aber keine Sorge, das wird schon werden. Das Bücherpackpapier ist schon bestellt und bereits unterwegs. Die Sonderangebote der nächsten Woche können also auch bald auf ihre große Reise gehen, auf ihre große Reise zu Ihnen, liebe Leserinnen und Leser.

Und bis auf eines haben die nächsten Sonderangebote der Post aus Pinnow wieder ein und denselben Autor – Friedrich Wolf.

Seine Erzählung „Die Affenstadt“ ist für Kinder ab 6 Jahren gedacht und wurde seinem erstmals 1951 veröffentlichten Buch „Bummi – Tiergeschichten für große und kleine Kinder“ entnommen. Diese Affenstadt liegt in Sindahabad, einem kleinen indischen Ort. Dort leben Menschen und Affen - und das friedlicher als je zuvor! Doch es war nicht immer so. Ein heftiger Streit der Menschen hat die Affen neugierig gemacht, und ehe sie sich’s versahen, eroberten die klugen Tiere die Stadt und lebten wie echte Bewohner. Sie lernten alles, vom Kochen über das Bauen bis zum Feiern! Doch eines Tages kommt es zur Probe: Können Menschen und Affen wirklich zusammenleben, ohne in einen neuen Streit zu geraten?

Achten Sie bei Ihrer Lektüre besonders auf den jungen Affen Ra und auf seine Freundin Ri.

Und was ist nun? Schreiben Sie Tagebuch? Täglich? Mit der Hand?

EDITION digital: Newsletter 24.01.2025 - Das eigene Leben abschreiben oder nicht? KI als Künstlerische Intelligenz