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Ich, Friedrich II. Das Leben des großen Preußenkönigs nacherzählt von Hans Bentzien
Autor:
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Preis E-Book:
6.99 €
Veröffentl.:
28.08.2015
ISBN:
978-3-95655-471-1 (E-Book)
Sprache:
deutsch
Umfang:
ca. 221 Seiten
Kategorien:
Biografie & Autobiografie / Könige, Biografie & Autobiografie / Militär, Biografie & Autobiografie / Politisch, Geschichte / 18. Jahrhundert
Biografien: historisch, politisch, militärisch, Frühe moderne Kriegsführung (inklusive Schießpulver), Brandenburg, 18. Jahrhundert (1700 bis 1799 n. Chr.)
Preußen, Brandenburg, Potsdam, Friedrich Wilhelm I., Friedrich II., König, Rheinsberg, Küstrin, Ruppin, Voltaire, Katte, Flucht, Festungshaft, Todesurteil, 18. Jahrhundert, Musik, Philosophie, Freundschaft, Knobelsdorff, Schlesische Kriege, Schlesien, Ostpreußen, Österreich, Sachsen
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In dieser Atmosphäre des Hasses zwischen den Eltern versuchte ich, mein eigenes Leben zu führen. Als mir verboten wurde, auf den Schlossfluren zu hüpfen und zu springen oder mich gar hinter Säulen zu verstecken, übte ich auf der Flöte oder paukte Französisch. Die Wonnen beim Lesen französischer Literatur konnte mir mein Vater nicht streitig machen. Mein Lehrer verstand das und besorgte mir immer neue Bücher. Vom Schulpensum lernte ich nur das Nötigste, und das stellte sich natürlich bald heraus.

Nun wurde mein ganzer Tagesablauf genau reglementiert, worüber eine Menge Leute wachen mussten: Um sieben Uhr wurde ich geweckt, der Kammerdiener stellte mir die Pantoffeln hin, und ich musste, vor dem Bett kniend, ein kurzes, wortwörtlich vorgeschriebenes Dankgebet sprechen, das mit einem Vaterunser schloss. Dann wurde ich schnell angezogen und musste mich „propre waschen“, den Zopf drehen und pudern. Während der Kammerdiener schwänzte und puderte, frühstückte ich und trank meinen Tee. Das alles dauerte gerade eine Viertelstunde. Viertel nach sieben begann der Unterricht; zuerst wieder Gebete, Bibelkunde und Gesang, dann nacheinander die anderen Fächer.

Am Sonnabend wurde wiederholt, jede Woche war Prüfung. General Graf von Finkenstein und Oberst von Kalkstein wohnten der Wiederholung bis halb elf bei. Waren sie zufrieden, durften sie nach der Weisung des Vaters verfahren: „Hat er profitiert, so ist der Nachmittag vor Fritzen. Hat er aber nicht profitiert, so soll er von zwei Uhr bis sechs Uhr alles repetieren, was er in der vorigen Woche vergessen hat!“

Ich gab mir Mühe, denn ich wollte nicht repetieren, sondern den Nachmittag nutzen für meine französischen Bücher. Diese Sprache gefiel mir immer besser, je mehr ich in sie eindrang. Sie ist elegant und klangvoll, biegsam in ihrem Ausdruck und gut geeignet für eine geistvolle Unterhaltung. In diesen Büchern, egal ob es ernsthafte Betrachtungen der Welt oder leichte Darstellungen von Amouren waren, wie sie d‘Argens schrieb, war alles so leicht, so fröhlich, so ketzerisch, der völlige Gegensatz zu der muffigen Stimmung bei uns im Schloss. Am Sonnabend baute ich mir eine Mauer aus Ideen. So lernte ich Listen anzuwenden, zwischen den Personen zu lavieren, dem Vater gegenüber so zu tun, als ob ich gläubig sei. Warum sollte ich direkt widersprechen, wenn dabei nichts erreicht werden konnte?

Doch der Vater argwöhnte weiterhin. Bei einer Gelegenheit ließ er mich von seinem Pastor in Religion prüfen. Viele Fragen, und ich antwortete auf jede, aber ob ich glaube, haben sie nicht erfahren. Die beiden erwachsenen Männer haben mich wohl durchschaut, denn sie akzeptierten meine Spitzfindigkeiten nicht. Vater meinte, ich hätte keinen Glauben, in mir stecke der französische Zweifel, und dabei wusste ich noch gar nichts von Descartes Satz: An allem ist zu zweifeln!

Vater warf meinen guten Duhan hinaus. Dabei hatte ich noch nichts gründlich gelernt, kein Fach war ordentlich abgeschlossen. Statt Duhan kamen vier Offiziere, um mich in die Garde einzuführen. Einer musste immer an meiner Seite sein. So kam mir eine Reise nach Dresden zum Karneval sehr gelegen. Ein König muss mit Gefolge reisen. Handelt es sich um einen Höflichkeitsbesuch, wie in diesem Falle, muss auch jemand aus der Familie dabei sein. Vater hatte wohl überlegt, dass Reisen bilden kann, und so nahm er mich mit; es war im Februar 1728.

Der sächsische Hof war tagelang in einer einzigen Feier. Das Schloss erstrahlte in hellstem Lichterglanz, die Musikanten spielten, die maskierten Kavaliere und ihre Damen tollten durch die Gänge und in jedem Raum. Ich war ganz trunken, wie geblendet. König August war sehr nett zu mir und nahm mich oft an seine Seite. Vater befahl, ich solle mich zurückhalten, besonders als er bemerkte, dass einige Damen sich um mich scharten, mich neckten und streichelten. So etwas war ich nicht gewöhnt, und ich tat es auch nicht von mir aus, aber ich fühlte mich wie im siebenten Himmel. Als August und mein Vater durch das Schloss gingen und die Räume des Königs betraten, die ich sehr üppig fand, fiel wie zufällig eine Tapetenwand um. Auf einem Bett lag eine völlig nackte Dame. August sagte, es sei die Gräfin Formera. (Sie galt allgemein als seine Mätresse). Ich hatte noch nie ein nacktes Weib gesehen, und nach einem erschauernden Blick riss mein Vater seinen Hut vor mein Gesicht und führte mich beiseite, während August und die Dame lachten.

Danach wurde auch am Berliner Hof erzählt, sie hätte mich in die Liebe eingeführt. (Dazu äußere ich mich nicht). Als wir nach Hause kamen, dachte ich immer noch darüber nach, warum unser Hof nicht so lustig war. Vater schimpfte über die Verschwendung. Der Sachse lebe auf Pump. Ich aber erzielte doch einen kleinen Gewinn. Der Flötenvirtuose und Kapellmeister durfte ab und zu nach Berlin kommen, um mich zu unterrichten. Wir hatten zusammen musiziert, und er meinte, ich hätte das richtige Gefühl für die Flöte. Auch meine Schwester, die Wilhelmine, erhielt einen Lautenlehrer aus Dresden.

 

Ich, Friedrich II. Das Leben des großen Preußenkönigs nacherzählt von Hans Bentzien: TextAuszug